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Donnerstag |
Ich darf meine Sehnsucht nach
dem Kind in mir wahrnehmen
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Es gehört mit zu den wichtigsten Dingen, bei der Einführung in Exerzitien, besonders in Einzelexerzitien, den Teilnehmern zu sagen: "Erfahrungen in Exerzitien können unerwartet tief gehen. Es kann sein, daß jemand nicht mehr anders kann, als laut zu jubeln und zu singen (dazu ist im Wald ein besserer Platz als im Zimmer mit hellhörigen Wänden!) - aber es kann sich auch urplötzlich das Bedürfnis einstellen, einfach zu weinen, den Tränen freien Lauf zu lassen. Es gibt eine "Gnade der Tränen"! Und wir ermutigen dazu, diesem Bedürfnis nachzugeben. Wie oft sind es gerade Stunden der Tränen, in denen eine echte innere Wandlung geschieht. Exerzitien bieten den geschützten Raum dafür an.
Daß es nicht gut ist, wenn ein Mensch zu jeder Zeit und in jeder Situation von seinen Schmerzen und seinen Leiden spricht, wissen wir alle. Darüber brauchen wir hier nicht zu reden. Aber wir erleben es auch, daß gerade Männer sich seit Jahren dessen bewußt sind, wie schwer sie an einer Erziehung zu tragen haben, in der es hieß: "ein Junge weint doch nicht!" Sie haben es oft besonders schwer, das verstoßene innere "Kind" wiederzufinden.Aber das betrifft wahrlich nicht nur Männer. Wenn ich ein kleines Kind beobachte, wie es eine plötzliche Wut, eine Not, einen Schmerz, einfach herausweinen kann, dann kommt manchmal so etwas wie Neid in mir auf: - "Wie gut haben es doch die Kinder, daß sie das dürfen!"
Ich erinnere mich gut an ein Gespräch zu Beginn von Exerzitien, als ich meine Befürchtung äußerte, es könne zu viel Kummer und Schmerz in mir hochkommen - und dann käme ich nicht so erholt nach Hause zurück, wie es meine Familie erwarte. Da bekam ich zur Antwort:
"Kraft und Lebendigkeit erwachsen nicht nur aus frohen und schönen Erlebnissen, sondern ebenso dort, wo ich meinen verborgenen Schmerz ehrlich zulasse."zurück
Und dieses Wort bewahrheitete sich für mich weit über meine Erwartungen hinaus.Auch hier gibt es jetzt wieder Kurse, in denen dieses selbstverständlichste Verhalten eines Kindes von Erwachsenen Menschen bewußt wieder eingeübt wird. In einem Priesterseminar hat man sogar ein schallisoliertes Zimmer eingerichtet, wo es den Studenten erlaubt ist, ihren Frust einmal hemmungslos herauszuschreien, ohne jemanden damit zu belästigen. Das "Kind in mir" will leben - auch gerade da, wo es Schmerzen und Kummer herausschreien muß.
Anders liegt es bei denjenigen, deren Not gerade darin besteht, daß ihnen ständig Tränen in die Augen kommen, bereits bei der kleinsten Gemütsbewegung. Wer darunter leidet (es ist oft ein echtes, schweres Leiden!), sollte immer neu versuchen, zu lernen, sich von seinen Gefühlen und Gemütsbewegungen zu „disidentifizieren", ohne sie zu verdrängen. „Ich bin nicht mein Gefühl, sondern ich bin das „Ich", welches dieses Gefühl anschauen kann und mit ihm umgehen lernen will". Vielleicht hilft es auch, mit diesen mich überflutenden Gefühlsbewegungen in ein Gespräch einzutreten, ihnen einen Namen zu geben, der auch ein wenig scherzhaft sein kann: „Aha, da bist du ja wieder, N.N. - aber du weißt, daß ich mich von dir nicht tyrannisieren lassen will!"...
Mit Psalmworten beten : aus Ps 18, 5-16:Der Beter dieses Psalmes schreit auf, er schreit seine Not heraus in der Bildersprache des Orients, in der seelische Zustände im Bilde äußerer Vorgänge gesehen und erlebt werden:
"Mich umfingen die Fesseln des Todes, mich erschreckten die Fluten des Verderbens. Die Bande der Unterwelt umstrickten mich, über mich fielen die Schlingen des Todes" - Der Beter kommt sich in Unheil "verstrickt" vor -
"Da wankte und schwankte die Erde, die Grundfesten der Berge erbebten." Der Betende erlebt, daß er "keinen festen Grund mehr unter den Füßen hat". daß "der Boden unter seinen Füßen wankt" - im Bilde des Erdbebens."Rauch stieg aus seiner Nase auf, aus seinem Mund kam verzehrendes Feuer, glühende Kohlen sprühten aus von ihm." Im Bild des Vulkanausbruches erkennt er seinen inneren Zustand vor Gott...
"In meiner Not rief ich zum Herrn und schrie zu meinem Gott. Aus seinem Heiligtum hörte er mein Rufen, mein Hilfeschrei drang an sein Ohr." In seiner Not wendet sich der Beter direkt an Gott und erlebt dessen Zuwendung.
Aber selbst diese Zuwendung Gottes erlebt er im Bilde eines heftigen Gewitters: "Er neigte den Himmel und fuhr herab, zu seinen Füßen dunkle Wolken. Er fuhr auf dem Kerub und flog daher; er schwebte auf den Flügeln des Windes. Er schoß seine Pfeile und streute sie, er schleuderte Blitze und jagte sie dahin. Da wurden sichtbar die Tiefen des Meeres, die Grundfesten der Erde wurden entblößt."zurückSo wagten die Israeliten ihren Schmerz, ihre Not, ja auch ihre Wut vor Gott herauszuschreien. In den Bildern des Gewitters, des Erdbebens, ja, des Vulkanausbruches fanden sie Vergleiche für ihre innere Not - und muteten sie Gott zu.
Aber daraus konnten dann auch solche unwahrscheinlich schönen Gebetsworte erwachsen, wie wir sie kurz danach finden: "Er führte mich hinaus ins Weite... mein Gott macht meine Finsternis hell" (V.20a; 29b)
(Erinnert uns diese Folge nicht an die rasche Folge von Tränen und Glück auf einem Kindergesicht?)
"Bleibet hier und wachet mit mir"... Diese Bitte Jesu an seine Jünger auf dem Ölberg vor seinem Leiden erlaubt mir, eine gleiche Bitte an ihn zu richten...zurück
Auch diese Gebetszeit schließe ich wieder gesammelt und bewußt ab mit den Möglichkeiten, wie sie am Sonntag als Abschluß genannt wurden.zurückWenn Sie diese hier vorgeschlagenen Abschlußmöglichkeiten nicht nachvollziehen können, empfehle ich Ihnen, sich auf jeden Fall eine eigene Form zu suchen, die Ihnen persönlich zusagt, damit Sie auf jeden Fall die Meditationszeit für sich mit einer festen Form abschließen.