Lukas 11,  V. 14 - 23
Thema:

Umgang mit den dunklen Mächten

Bibeltext: Lukas 11,  V. 14 - 23
11:14 Jesus trieb einen Dämon aus, der stumm war. Als der Dämon den Stummen verlassen hatte, konnte der Mann reden. Alle Leute staunten.
 11:15 Einige von ihnen aber sagten: Mit Hilfe von Beelzebul, dem Anführer der Dämonen, treibt er die Dämonen aus.
 11:16 Andere wollten ihn auf die Probe stellen und forderten von ihm ein Zeichen vom Himmel.
 11:17 Doch er wusste, was sie dachten, und sagte zu ihnen: Jedes Reich, das in sich gespalten ist, wird veröden, und ein Haus ums andere stürzt ein.
 11:18 Wenn also der Satan mit sich selbst im Streit liegt, wie kann sein Reich dann Bestand haben? Ihr sagt doch, dass ich die Dämonen mit Hilfe von Beelzebul austreibe.
 11:19 Wenn ich die Dämonen durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben dann eure Anhänger sie aus? Sie selbst also sprechen euch das Urteil.
 11:20 Wenn ich aber die Dämonen durch den Finger Gottes austreibe, dann ist doch das Reich Gottes schon zu euch gekommen.
 11:21 Solange ein bewaffneter starker Mann seinen Hof bewacht, ist sein Besitz sicher;
 11:22 wenn ihn aber ein Stärkerer angreift und besiegt, dann nimmt ihm der Stärkere all seine Waffen weg, auf die er sich verlassen hat, und verteilt die Beute.
 11:23 Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich; wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.

Meditative Besinnung:
Es gibt eine alte Erfahrungsweisheit: "Wo Gott nahe ist, ist auch der Teufel nicht weit". Als Kinder spielten wir "Himmelhupfen", wo vor dem Himmel die Hölle lag. In solchen Kinderspielen liegt oft tiefe Weisheit verborgen: Wo wir offen sind für Gott, sind wir gleichzeitig auch geöffnet für die widergöttlichen Mächte, - mögen wir sie nun nennen, wie wir wollen. Unser Leben steht in einem Umfeld, wo positive und negative Impulse von außen auf unsere Seele einwirken und dort kräftige Resonanz hervorrufen. Das können unbestimmte Gefühle sein oder plötzlich einschießende und emotional geladene Gedanken. Nun geht es darum, diese verschiedenen Impulse zu unterscheiden. Es ist in unsere Freiheit gegeben, uns dem Guten zu öffnen und das Schlechte abzuweisen. Wer ein geistliches Leben führen will, kommt nicht darum herum, etwas von "der Unterscheidung der Geister", wie es unsere Väter nannten, zu lernen. Alles, was uns zu Glauben, Hoffnung und Liebe hinführt, darf man den göttlichen, positiven Kräften zuschreiben. Dagegen sollte man dem, was uns "in Verwirrung" bringt, was unser menschliches und geistliches Leben blockiert, keinen Raum geben, um sich auszubreiten.

Immer ist es gut, dem, was da verborgen in uns sein Wesen treibt, einen Namen zu geben. Dann kann ich es gewissermaßen anschauen, damit umgehen - mich von ihm "disidentifizieren": Ich fühle Schmerz in mir, aber ich bin nicht mein Schmerz!

Unsere Erzählung aus dem Lukasevangelium kann uns in die Art und Weise hineinnehmen, wie Jesus selbst mit den dunklen, widergöttlichen Mächten umgegangen ist. Im Schauen auf ihn kann in uns selbst etwas wachsen von dieser inneren Widerstandskraft gegen das Böse.

1. Jesus treibt einen "stummen Dämon" aus.
War nun eigentlich der Dämon stumm oder der Mann?...
Wahrscheinlich wirkte etwas in diesem Menschen, das auch ihn selbst mehr und mehr verstummen ließ. Es gibt Bereiche in mir und um mich her, die ich nicht wahrhaben will und deshalb "verteufele". Was ich aber aus meinem Leben ausschließe, das "verstummt" mehr und mehr, - um sich dann aber doch irgendwie um so stärker und in anderer, gefährlicherer Weise zu melden. Wer z.B. seine aggressiven oder sexuellen Kräfte "verteufelt", braucht sich nicht zu wundern, wenn sie dann plötzlich an völlig unpassender Stelle unkontrolliert und gefährlich ausbrechen!
2. Jesus handelt anders als wir
Er spricht mit den "Dämonen". Wir hören in unserem Textabschnitt nur das Ergebnis: Der Stumme redet wieder. Wie könnte es dazu gekommen sein? Vielleicht hat er den "Dämon", die dunkle, unheimliche, schmerzende Stelle in diesem Menschen angesprochen - vielleicht hat er gefragt: "Wer bist du?" "Was willst du eigentlich?" "Wo liegen deine positiven Kräfte?" Es ist schon erstaunlich, wie solche stummen "Dämonen" auf diese und ähnliche Fragen plötzlich Antworten geben, die wir nie erwartet hätten!
3. Jesus übersieht nicht die Macht der widergöttlichen Kräfte
Er schaut diese Macht in zwei Bildern: in dem Bilde eines in sich geschlossenen Königreiches mit gesicherten Grenzen - und im Bild eines Palastes, einer Zwingburg mit festen Mauern, die uneinnehmbar zu sein scheint.

Lassen wir diese Bilder ein wenig auf uns wirken, ob sie nicht auch etwas von unseren Erfahrungen mit den Dunkelheiten dieser Welt ansprechen... Sind wir dem in sich verschanzten Bösen nicht letztlich doch wehrlos ausgeliefert?

Wir können uns fragen: Wie mögen in Jesus diese Bilder gewachsen sein? Er wollte das Gottesreich den Menschen bringen, dieses Reich der Güte und Liebe - und er stieß mehr und mehr dabei auf Wider stand. Auf einen Widerstand, der so stark war, dass er mit menschlichen Maßstäben eigentlich nicht mehr gemessen werden konnte. Er erlebte sich hineingenommen in einen verborgener Machtkampf, der zwischen unsichtbaren Mächten tobte.

Aber er muss auch anderes gespürt haben: Man hört aus seinen Worten, dass er von einer Kraft in sich weiß, die stärker ist als alle dunklen Kräfte in ihrer Verborgenheit; eine Kraft, die einbrechen kann in die "fest bewachten Grenzen" dieses gegnerischen Reiches. Es war eine Kraft, die in die Mauern der Zwingburg Breschen schlagen konnte.

4. Jesus kämpft diesen Kampf jeweils nur an einem Ort.
Jesus stellt sich immer nur gerade dem "Dämon", der ihm im jeweiligen Augenblick begegnet. Er zieht nicht etwa durch ganz Galiläa auf der Suche nach zu bekämpfenden Dämonen! Und er deutet diese Beschränkung mit seinen Bildern: Ein Reich, das in sich selbst uneins wird, zerfällt. Wo immer er in das Reich des Dunklen einbricht und dort nur ein Stück Heil oder Heilung schafft, dort kommt das gesamte Gefüge dieses Reiches durcheinander. Eine Bresche in der Mauer gefährdet die ganze Burg!
5. Jesus hält es für selbstverständlich, dass auch andere Menschen, "Dämonen austreiben können"
Also auch wir können das! Aber das geschieht ebenso wenig wie bei ihm selbst im "Frontalangriff" gegen alle unsere Dunkelheiten auf einmal. Wir kennen ein ungutes Wüten gegen uns selbst und wollen oft nicht aufgeben, ehe wir nicht alle Fehler ausgerottet haben. Und dann stehen wir mutlos vor der Übermacht dieser Dunkelheiten, die mächtiger sind als wir selbst! Wer meint, er könne seine "Dämonen", die ihn quälen und ihn oft verstummen lassen, alle zugleich erkennen und vernichten, der hat wohl noch nicht sehr tief in sein "inneres Inferno" (Corona Bamberg) geschaut.

Aber im Schauen auf Jesus, in dem wir seine Kraft in uns einströmen lassen, können wir eines wirklich tun: An der Stelle, wo mir mein "Dämon", wo mir meine Dunkelheit bewusst wird, dort kann ich ansetzen. Dort darf ich diese Dunkelheit dem "Licht", dort darf ich diesen "Dämon" dem in mir lebendigen Herrn bringen. Und vielleicht erlebe ich an dieser Stelle manchmal wirklich ein wenig Heilung. Dann ist "der Finger - (nämlich die Macht) - Gottes" - zu uns gekommen! Und dann wäre es merkwürdig, wenn nicht durch solches punktuelles Geschehen das ganze, vorher in sich so geschlossene "Reich" des Dunklen auch in mir durcheinander geriete! Es ist entscheidend wichtig, den "Stärkeren" in mir wirken zu lassen, ihm immer wieder wenigsten an einer einzigen Stelle in mir Raum zu geben! So - und nur so - erweist sich Jesus auch heute noch als Herr über die dunklen Gewalten!"


Liturgische Einbindung:
Evangelische Predigtreihe II:
Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres
Exegetische Anmerkungen:
Veröffentlichung

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