2:1 In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen.
2:2 Dies geschah zum erstenmal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien.
2:3 Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.
2:4 So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids.
2:5 Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.
2:6 Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft,
2:7 und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
2:8 In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.
2:9 Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr,
2:10 der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll:
2:11 Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.
2:12 Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.
2:13 Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach:
2:14 Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.
a. Nur von der Krippe spricht das Evangelium, aber seit Franziskus von Assisi die erste Weihnachtskrippe aufbaute, haben sich Stall und Tiere tief im Herzen der Menschen eingewurzelt. Wer schon einmal in einem richtige Kuhstall gestanden hat, sollte diese Atmosphäre der warmen Tierkörper, des Schnaufens der Kühe und des besonderen "Stallgeruches" in sich wach werden lassen: Mit diesem Erleben verbindet sich ein Gefühl der Heimat und der Geborgenheit und weckt die Sehnsucht da nach. Und sie macht sich fest an den Bildern des Stalles, in dem das neugeborenen Jesuskind schläft.b. Aber gerade die Sehnsucht nach Heimat und verlorener Kindheit kann uns am Weihnachtsabend auch überschwemmen, in fruchtlose Sentimentalität oder gar in ein verzweifeltes Abschalten hineinführen. Wie viel menschliche Not kommt gerade in der Christ nacht ans Licht des Bewusstseins!
c. Genau in diesen Bereichen darf ich mich nun der Weihnachtsbotschaft öffnen: Der Stall des Jesuskindes war ja kein "Zuhause" im Gegenteil: er war das Stück Geborgenheit, das Gott selbst schenkte mitten in der Ungeborgenheit des Unterwegsseins. Wenn wir unser Zuhausesein an bestimmten Orten unseres Lebens festmachen, dann bleibt es immer gefährdet, immer können wir es verlieren wie die Kriegsgeneration unter uns es noch so bitter erfahren hat. Gerade aber damals wurde Weihnachten in einer Echtheit und mit einer Tiefe des Verstehens gefeiert, die heute selten geworden ist. Woran lag das wohl?
d. Wenn wir nicht "in uns selbst ruhen" können, in uns selbst eine Heimat aufbauen, dann bleiben wir in dieser Welt heimatlos, wo immer wir auch sind. Aber mehr: Es gehört zu den immer wiederkehrenden Bitten unserer Weihnachtslieder, das Jesuskind möchte in mir geboren werden: in mir das bedeutet doch: in der Mitte meines Wesens, in den Tiefenschichten meiner Seele, in denen so viel Dunkelheiten, Schmutz, ungelöste und verdrängte Probleme abgelegt worden sind! Auch in meinem "Stall" sind die "Tiere" (oft Bilder energiegeladener Emotionen!). Genau dort, nicht in einem schnell noch renovierten und neu getünchten "Stall"(!) will Christus in mir geboren werden! Dort sucht er eine Heimat und schenkt sie gleichzeitig auch mir selbst damit.
e. Einüben kann ich das ganz einfach: Ich nehme mir eine stille Zeit vor einer brennenden Kerze und biete meinen inneren "Stall", wie er ist dem Jesuskind als Bleibe an bitte den Herrn der Welt, darin geboren zu werden als ganz kleines Kind.
a. Die Weihnachtsbotschaft spricht in eine weitere urmenschliche Sehnsucht hinein: in die Sehnsucht nach Licht, Klarheit, Helligkeit.b. Auch hier stehen wir in der Gefahr, im Bild vordergründig stehen zu bleiben: wenn wir im Glanz der vielen Lichter meinen, unsere Sehnsucht stillen zu können; wenn wir die Dunkelheit auslöschen wollen, anstatt sie zu durchleuchten zu lassen...
c. Es hat einen tiefen, unergründlichen Sinn, dass Weihnachten mitten im Winter, wenn die Nächte am dunkelsten sind, gefeiert wird. "Das Licht scheint in der Finsternis"(Joh 1,5) so führt uns das Johannesevangelium an die Weihnachtsbotschaft heran.
d. Damit ist nicht nur die äußere, mit den Augen wahrnehmbare Finsternis gemeint, sondern sie ist auch ein Symbol für alle innere Dunkelheit, in die hinein Jesus "mitten in Nacht" geboren wird.
"Je dunkler die Nacht ist, desto heller nimmt man das Licht wahr", sagen die Mystiker.e. Und was kann ich dazu tun? Gerade in der Weihnachtszeit mit ihren Kerzenstunden kann ich mich bewusst dem Licht Gottes öffnen, das die Kerze symbolisiert, darf es mitten in meine Dunkelheiten hin einleuchten lassen...
a. Ein neugeborenes Kind ruft die tiefe Sehnsucht eines jeden Menschen nach Neuwerden, Neubeginnen Dürfen, nach einer ursprünglichen Unberührtheit und Reinheit ans Licht. Dem neubeginnenden Leben stehen noch alle Möglichkeiten offen wer sehnte sich nicht manchmal nach diesem Ursprung zurück?...Und es ist immer noch das "Kind in mir", das sich auf Weihnachten freut...b. Die Gefahr dieses starken, energiegeladenen Urbildes besteht darin, dass sich jemand aus der Wirklichkeit in eine Phantasiewelt hineinlebt: er meint, die vergangene Kindheit wieder hervorzaubern zu können, wenn auch nur für einige Stunden des Abends. Die andere Gefahr ist nicht geringer: Um der ersten Gefahr auszuweichen, wollen viele Menschen dieses Fest ganz "nüchtern" feiern, sie versuchen, einem starken inneren Geschehen zu entfliehen, ohne dass dies jedoch ganz gelingen könnte. Die Kraft solcher Bilder ist zu stark!...
c. Genau hier hinein trifft die Botschaft des Weihnachtsfestes: Die Sehnsucht des menschlichen Herzens ist kein leerer Wunschtraum! Gott wird Mensch wird ein neugeborenes Kind! Etwas schlechthin Neues, Ungeahntes beginnt in dieser Nacht für die Menschheit, etwas, was alles Wünschen, Sehnen und Begreifen übersteigt...
d. Nun beginnt nach einem Bild unserer deutschen Mystiker die "innere Heilsgeschichte" eines jeden Menschen damit, dass die "Gottesgeburt in ihm" geschieht. "Dass (diese Geburt) in mir geschehe, daran ist alles gelegen", sagt Meister Eckehart 3*) und mit ihm viele andere große Mystiker. Was ist damit gemeint? Es gibt einen "Ort" in unserem Inneren, dort können wir selbst nicht hineinschauen, dort will Gott selbst in uns Gestalt annehmen, "geboren werden". Das macht die Größe des Menschen aus, dass er diese Möglichkeit in sich trägt, Gott zu "empfangen", wie ein Kind empfangen wird...
e. Und was kann ich selbst dazu tun? Auch hier sprechen unsere großen Mystiker eine klare Sprache: Nichts kann der Mensch selbst dazu beitragen, als alles das anzunehmen, was Gott ihm "zufügt", sich immer neu Gott hinzuhalten damit nicht mehr der Mensch lebe, sondern Christus in ihm leben möge (Gal 2,20). Meister Eckehart würde schließen: "Dass uns das allen zuteil werde, dazu helfe uns Gott".
Katholische Predigtreihe: Lesejahr A-C WeihnachtsnachtVeröffentlichung
Evangelische Predigtreihe I: Christvesper