Es geht heute darum, dass wir uns bis in die letzten Konsequenzen hinein bewusst machen, was wir eigentlich alle wissen: dass Jesus Christus das Wort des Vaters ist: "Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit" (Joh 1,14). Meister Eckehart kann es gar nicht pointiert genug sagen, wie wichtig es ihm ist: In Gottes Wort begegnet mir Gott selbst. ( Vgl. 9.2.) Dieses Wort aber wird nur empfangen in der Stille, im tiefsten Schweigen - äußerlich und innerlich. Das jedoch fällt uns heute so schwer!In einer Predigt über die Tempelaustreibung zeigt Meister Eckehart, wie man Gedanken und Worte im Schweigen loslassen muss, um Gott wirklich zu Wort kommen zu lassen: "Warum warf Jesus hinaus, die da kauften und verkauften...? Er meinte damit nichts anderes, als dass er den Tempel leer haben wollte, recht, als ob er hätte sagen wollen: Ich habe das Recht auf diesen Tempel und will allein darin sein... Was will das besagen? Dieser Tempel, darin Gott gewaltig herrschen will nach seinem Willen, das ist des Menschen Seele... Hierum will Gott diesen Tempel leer haben, auf dass denn auch nichts weiter darin sei als er allein... Seht, nun war niemand mehr als Jesus allein, und er begann in dem Tempel zu sprechen..." (157,1ff).
"Soll Jesus in der Seele reden, so muss sie allein sein und selbst schweigen" (157,6f).
"Seht, dies sollt ihr fürwahr wissen: Will jemand anders in dem Tempel, das ist in der Seele, reden als Jesus allein, so schweigt Jesus, als sei er nicht daheim, er ist auch nicht daheim in der Seele, denn sie hat fremde Gäste, mit denen sie redet. Soll aber Jesus in der Seele reden, so muss sie allein sein und muss selbst schweigen, wenn sie Jesus reden hören soll. Nun denn, so geht er hinein und beginnt zu sprechen" (157,2ff).
Die Not, die Gedanken nicht loslassen, nicht "abschalten" zu können, wird vielen Menschen bewusst, wenn sie nicht einschlafen können. "Schlafen hängt mit dem Beten zusammen - davon kann man nicht sprechen, das kann man nur erfahren", sagte mir einmal ein Ordenspriester. Und beides ist auch eng damit verwoben, wie ein Mensch einmal das letzte Loslassen im Sterben bestehen wird.
"Und er fand im Tempel die Händler, die Rinder, Schafe und Tauben verkauften, und die Wechsler, die da saßen. Und er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus" (Joh 2,14f).Ich übertrage diese Bilder auf Wirklichkeiten in meinem Inneren - meinem "Tempel" - und lasse Jesus diesen Tempel meiner Seele reinigen... Ich gehe dem nach, was es heißt, Gott "zu Wort kommen zu lassen" - mit seinen leisen, zarten Impulsen, mit denen er mich berührt.
- Jesus Christus, du Wort des Lebens, der im Schweigen in mir spricht -
Ich versuche, während ich ganz in die Stille gehe oder mein Ausatmen an ein Wort binde, Gedanken und Gefühle einfach vorüberziehen zu lassen, ohne sie zu beachten...
"Nun spricht unser Herr: ...Wer Gottes Wort hören soll, der muss völlig gelassen sein" (213,19ff)."Wenn das Wort in die Seele spricht und die Seele antwortet in dem lebendigen Worte, dann wird der Sohn lebendig in der Seele" (235,15ff).