1.1. Du willst dich von mir finden lassen, wo ich nicht nur einen objektiv wahren, sondern "meinen geliebten Gott" suche

Hinführung:
Wie tief lerne ich einen Menschen kennen, den ich wirklich um seiner selbst willen liebe! Wo ich so liebe, lebe ich mehr das Leben dessen, den ich liebe, als mein eigenes Leben - diesen Gedanken Augustins nimmt Meister Eckehart auf. Mein erster Exerzitienkurs, den ich erlebte, begann damit: "Was ist das Wichtigste im christlichen Leben? Jesus hat es klar gesagt: Du sollst Gott lieben aus ganzem Herzen!" Es geht um diese urpersönliche liebende Verbindung zwischen Gott und mir, aus der alles andere erst erwachsen kann. Immer waren es die christlichen Mystiker, die diese Gottunmittelbarkeit des Menschen betonten und allem anderen voranstellten. Vieles, was Meister Eckehart sagt, muß jeder falsch verstehen, der es nicht unter dieser Voraussetzung hört: Hier spricht ein Mensch, der durchglüht ist von einer Liebe zu Gott - in einer Weise, wie es uns kaum vorstellbar ist. Wo andere einfach von "Gott" sprechen würden, spricht Meister Eckehart von "seinem geliebten Gott". Und alles, was er über Gott sagt, entspringt seinem "Wissen, das aus Liebe und vertraulichem Umgang... mit seinem Gott" kommt (74,25). Wir werden auf dieses Wort zurückkommen (vgl. 2.  Woche Tag 4.).
 Ehe ich jeweils zu beten beginne, sollte ich mir die Zeit nehmen, um bewußt in diesen "Raum" der gegenseitigen Liebe zwischen Gott und mir einzutreten. Dazu bieten die verschiedenen Angebote Möglichkeiten an (vgl die einzelnen Übungsmöglichkeiten ).
Meditationswort:
"Liebe kann nicht mißtrauen, sie erwartet vertrauend nur Gutes" (75,3f).
Lebensmeditation:
Ich taste in meinem eigenen Leben nach, wo ich Gott als "meinen geliebten Gott" erfahren und erlebt habe. Das können ganz einfache, kleine Zeichen sein. Es ist wichtig, sich hier erst einmal ganz klar auf das zu beschränken, wo ich ahnungshaft Zeichen der Liebe Gottes erfahren habe. Es gibt genug dunkle Stellen in jedem Leben, wo ganz andere Erfahrungen gemacht werden. Meister Eckehart klammert das nicht aus, er wird sich in einem Herzstück seiner Verkündigung damit befassen - in seiner Leidensmystik. Aber wir sollten es an dieser Stelle erst einmal zurückstellen, ebenso wie die Frage nach der Liebe Gottes im Leben anderer Menschen. Man kann nicht alle Fragen auf einmal lösen.
Biblische Grundlage:
"Bei euch aber sind die Haare auf dem Kopf alle gezählt" (Mt 10,30).

Ich lasse dieses Bildwort Jesu, das über die Wirklichkeit der innigen Zuwendung Gottes zu mir spricht, ganz in mich ein: So bist du - mein geliebter Gott!...

Wiederholungsgebet:
- Vater, unter dessen Blick der Liebe ich jetzt beten darf -
Kontemplation:
Ich beschränke mich auf das eine Wort: "DU", binde es an meinen Atem, an jedes Ausatmen, spüre die Liebesbeziehung... (Wem das Achten auf den Atem keine Hilfe ist, lasse es getrost beiseite und suche seinen eigenen Weg.)
Weitere Textstelle:
(Wenn du etwas willst, was dir lieber ist) "als Gott, so ist er dein Gott nicht: er ist der Gott des Himmelreiches und des Erdreiches, dein Gott aber ist er nicht. (335,27ff).

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