Depressionen stehen oft in einem unlöslichen Zusammenhang mit dem Schuldbewußtsein eines Menschen. Mag es berechtigt oder unberechtigt sein, das Sich-schuldig-Fühlen gehört zu den tiefsten Belastungen, denen ein Mensch ausgesetzt sein kann. "Das kann ich mir nicht verzeihen", ist ein häufig gebrauchtes Wort. Wenn aber Gott mir verzeiht, dann darf, ja, dann muß auch ich mir selbst verzeihen. Auch das gehört zur rechten Demut.In diesem Zusammenhang gebraucht Wille Lambert das schon erwähnte Bild vom Vortag: Gott hat mir verziehen - aber daß ich mir nun selbst auch verzeihe, das ist wie die notwendige Gegenzeichnung des Vertrages. Wo wir uns mit dieser "Gegenzeichnug" nicht darauf einlassen, daß uns verziehen wurde, kann die Verzeihung Gottes bei uns nicht wirksam werden.
Matthäus 18,21-35 (Gleichnis vom Schalksknecht / Vom unbarmherzigen Gläubiger)Ich darf dieses Gleichnis auch einmal im Blick auf mich selbst meditieren, ob und wie ich mir selbst verzeihen kann ...
- Ausspruch eines vierjährigen Jungen:
Der ganze Mensch muß so geheilt und gerettet werden. Und dieser Durchbruch der Gnade ist auch Abbruch. Er ist immer schmerzhaft. Er führt den Menschen in seine tiefste Schwachheit hinein, zu seinem Tiefpunkt, zu seinem Nullpunkt... Die entscheidende geistliche Prüfung... [im] Leben bringt... an den Rand der Verzweiflung, an die Schwelle der Möglichkeit, den Verstand zu verlieren. Soweit kann es kommen, wenn [der Mensch] nicht durch die Gnade aus seiner tiefsten Schwachheit errettet wird. Das ist nicht verwunderlich; wenn die Mauern der falschen Demut und der falschen Vollkommenheit zertrümmert sind, dann ist plötzlich aufs neue alles möglich. Der Mensch ist seiner Angst total ausgeliefert. Da kann kein Ideal helfen - aber da ist Gott neu. Da kann Gott sich zeigen als die erbarmende Liebe: In unserer tiefsten Schwachheit wird, wie Paulus sagt, seine Gnade zur Kraft. Dieses Stehen in der Schwachheit, um hineingenommen zu werden in die rettende Liebe, das ist die Gnade der Demut. Es ist ein Wunder. Es ist das Wunder schlechthin, das den Menschen zur Ruhe bringt; das ihn sein Gleichgewicht finden läßt; das ihn in die tiefe Einheit führt, die Versöhnung mit seiner Zwiespältigkeit; das ihn hinführt zur tiefen Einheit und Versöhnung mit Gott und mit allen seinen Brüdern. Es ist wirklich ein Wunder." ( André Louf )
Hinweis: Ich sollte mich beim Meditieren auf das beschränken, was mir nach langsamen, gründlichem Lesen des Textes noch in Erinnerung ist ... (nicht jedoch während des Meditierens den Text ständig neu lesen). |