Woche 9 - Mittwoch

4. Mich annehmen, wie ich vor Gott bin,
um durch Depressionen und Dunkelheiten hindurch getragen zu werden

Hinführung
Depressionen stehen oft in einem unlöslichen Zusammenhang mit dem Schuldbewußtsein eines Menschen. Mag es berechtigt oder unberechtigt sein, das Sich-schuldig-Fühlen gehört zu den tiefsten Belastungen, denen ein Mensch ausgesetzt sein kann. "Das kann ich mir nicht verzeihen", ist ein häufig gebrauchtes Wort. Wenn aber Gott mir verzeiht, dann darf, ja, dann muß auch ich mir selbst verzeihen. Auch das gehört zur rechten Demut.

In diesem Zusammenhang gebraucht Wille Lambert das schon erwähnte Bild vom Vortag: Gott hat mir verziehen - aber daß ich mir nun selbst auch verzeihe, das ist wie die notwendige Gegenzeichnung des Vertrages. Wo wir uns mit dieser "Gegenzeichnug" nicht darauf einlassen, daß uns verziehen wurde, kann die Verzeihung Gottes bei uns nicht wirksam werden.


Übung
Matthäus 18,21-35 (Gleichnis vom Schalksknecht / Vom unbarmherzigen Gläubiger)

Ich darf dieses Gleichnis auch einmal im Blick auf mich selbst meditieren, ob und wie ich mir selbst verzeihen kann ...


Varianten:

- Ausspruch eines vierjährigen Jungen:

"Der große Teufel kann mir gar nichts tun, weil ich so klein bin!"
- Wortmeditation:
"Das geistliche Leben ist nicht so etwas wie eine Oberflächenschicht unseres Seins - eine Art Deckmantel, der über alles gebreitet wird, um das Unterbewußtsein, die Psyche zu überspannen und zu bedecken und sozusagen kusch zu halten. Es ist eher umgekehrt, wenn ich mich so ausdrücken darf: Die Gnade reicht tiefer als unser Unterbewußtsein. Sie ist das Allertiefste in uns, und sie muß durch Psyche und Leib hindurch zum Wachsen kommen. Und normalerweise wird dies unsere Psyche aufwühlen, abbrechen und wiederaufbauen, verwunden und heilen, geradebiegen.

Der ganze Mensch muß so geheilt und gerettet werden. Und dieser Durchbruch der Gnade ist auch Abbruch. Er ist immer schmerzhaft. Er führt den Menschen in seine tiefste Schwachheit hinein, zu seinem Tiefpunkt, zu seinem Nullpunkt... Die entscheidende geistliche Prüfung... [im] Leben bringt... an den Rand der Verzweiflung, an die Schwelle der Möglichkeit, den Verstand zu verlieren. Soweit kann es kommen, wenn [der Mensch] nicht durch die Gnade aus seiner tiefsten Schwachheit errettet wird. Das ist nicht verwunderlich; wenn die Mauern der falschen Demut und der falschen Vollkommenheit zertrümmert sind, dann ist plötzlich aufs neue alles möglich. Der Mensch ist seiner Angst total ausgeliefert. Da kann kein Ideal helfen - aber da ist Gott neu. Da kann Gott sich zeigen als die erbarmende Liebe: In unserer tiefsten Schwachheit wird, wie Paulus sagt, seine Gnade zur Kraft. Dieses Stehen in der Schwachheit, um hineingenommen zu werden in die rettende Liebe, das ist die Gnade der Demut. Es ist ein Wunder. Es ist das Wunder schlechthin, das den Menschen zur Ruhe bringt; das ihn sein Gleichgewicht finden läßt; das ihn in die tiefe Einheit führt, die Versöhnung mit seiner Zwiespältigkeit; das ihn hinführt zur tiefen Einheit und Versöhnung mit Gott und mit allen seinen Brüdern. Es ist wirklich ein Wunder."            ( André Louf )

Hinweis: Ich sollte mich beim Meditieren auf das beschränken, was mir nach langsamen, gründlichem Lesen des Textes noch in Erinnerung ist ... (nicht jedoch während des Meditierens den Text ständig neu lesen).

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