Lukas
14, 25 - 35
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Vorbemerkungen:
-
1. Es gibt Textabschnitte, von denen ich beim ersten Kontakt
nehmen das Gefühl habe, sie seien für mich jetzt nicht dran.
Bei diesem Abschnitt kann das Gefühl daher kommen, daß ich mich
vielleicht gerade sehr mühe um eine größere Liebe zu meinen
Angehörigen - dann könnten manche Worte dieses Textes für
mich zu einer echten Gefahr werden.
- Versuch einer Antwort: Ich kann versuchen,
mich von einer ganz anderen Seite her dem Text zu nähern, etwa mit
der Frage: „Herr, laß mich diesen Text so lange anschauen, bis er
für mich transparent wird, daß es auch darin Deine Liebe ist,
die mich meint - so wie ich heute und hier bin."
-
2. Hier wird vom „Hassen" gesprochen, kann denn Jesus - der
gekommen ist, um uns die Liebe des Vaters zu bringen - die Seinen zum Haß
auffordern??
- Versuch einer Antwort: Haß ist ein zutiefst emotionales
Geschehen. Vielleicht gibt es innere Haltungen, die so stark emotional
gebunden sind, daß es einer starken emotionalen Gegenreaktion bedarf,
um überhaupt an sie heranzukommen...
3. Jesus sagt: Wer mir nachfolgen will, muß ein freier
Mensch sein. Es geht nicht um äußere Freiheit (auch Sklaven
konnten Christus nachfolgen), sondern um die Freiheit von inneren, meist
unbewußten Bindungen und Blockaden, die unser Leben zutiefst bestimmen.
Sie hindern uns daran, „im jeweiligen Nun den Willen des Vaters zu erkennen
und zu tun" (Meister Eckehart).^
Grundmeditation:
Metaphermeditation: „Freiheit ist für
mich wie..."
Ich lasse mich von Dir, Herr, fragen:
-
„Willst du mir wirklich nachfolgen?"...
-
"Willst du mein Jünger sein?"...
Textmeditation:
„Es gingen aber große Volksmengen
mit ihm; und er wandte sich um und sprach zu ihnen..."
Du siehst die Menge und sonderst den aus, der zur Nachfolge
fähig ist...
-
Herr, das kann ich auch auf mich beziehen: Ich darf zwar
mit allem, was in mir ist, zu Dir kommen, aber auf einiges muß ich
verzichten, wenn es mir ernst ist mit der Nachfolge...
„Wenn jemand zu mir kommt und haßt
nicht seinen Vater und seine Mutter und sein Weib und seine Kinder und
seine Brüder und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so
kann er nicht mein Jünger sein"
Verlangst Du, Herr, wirklich von mir, meinen Vater und
meine Mutter zu „hassen"? ...
-
Es geht nicht darum, meinen Eltern Böses zu tun oder
zu wünschen, sondern um meine innere Freiheit von Werten und Maßstäben,
die mir meine Eltern mitgegeben haben, die ich „internalisiert" habe, wie
die Psychologen sagen - und die mich daran hindern können, ich selbst
zu sein und zu tun, was Gott jetzt von mir erwartet (und das, ohne daß
es mir bewußt ist)...
-
Was könnte das konkret sein - was habe ich von meinem
Vater, was von meiner Mutter fraglos übernommen, was mich jetzt an
meiner ganzen eigenen Freiheit hindert?... (Ich muß vielleicht lange
hinschauen, um klar zu unterscheiden, was ich wirklich selbst will und
für richtig halte, und was ich unbewußt als Ballast mit mir
herumschleppe)...
-
Sind diese Bindungen so stark emotional, daß ich ihnen
manchmal nur mit einem klaren, gesunden „Haß" begegnen kann?...
Verlangst Du, Herr, wirklich von mir, meine Brüder und
Schwestern zu „hassen"?...
-
Es brauchen nicht nur leibliche Geschwister zu sein, die
mich fremdbestimmen in meinem Denken und Tun, das kann auch eine Gruppe
sein, die mich so bestimmt, daß ich darüber meine eigene Freiheit
verliere...
-
Welche Gruppen mit ihren Normen sind für mich maßgebend?
- Habe ich Angst, aus einer eigenen Entscheidung gegen die Normen der Gruppe
zu handeln?... Kann das vielleicht sogar eine kirchliche Gruppe sein, die
mich veranlaßt, gegen mein freies eigenes Gewissen und meine Überzeugung
zu handeln?...
-
Sind diese Bindungen so stark emotional, daß ich ihnen
manchmal nur mit einem klaren, gesunden „Haß" begegnen kann?...
Verlangst Du, Herr, wirklich von mir, meinen Ehegefährten
zu „hassen"?...
-
Wo Menschen zusammenleben, stecken sie sich auch mit ihren
Fehlern gegenseitig an, ja wir nehmen die Fehler eines nahestehenden Menschen
oft eher an als seine guten Seiten, sagt Ghandi.
-
Gibt es in dieser Richtung etwas, was mich hindert, frei
jederzeit dem Willen Gottes zu folgen - und ist das etwa so stark, daß
es die emotionale Kraft des „Hasses" braucht, um mich davon zu befreien?...
Verlangst Du, Herr, wirklich von mir, meine Kinder zu „hassen"?...
-
Was erwarte ich (bewußt oder unbewußt) für
meine Kinder oder von meinen Kindern, von meinen Schülern?... Wie
reagiere ich, wenn sich solche Erwartung nicht erfüllt?...
-
Könnten vielleicht auch hier Hindernisse liegen, die
mich an einer ganzen Nachfolge hindern?...
-
Gegen welche unguten emotionalen Blockaden darf und soll
ich die Emotionen des „Hasses" positiv einsetzen? (Jesus treibt in solchem
emotionalen Eifer die Händler aus dem Tempel!)...
Verlangst Du, Herr, wirklich von mir, mein eigenes Leben
zu „hassen"?...
-
Mein Leben und meine Gesundheit sind wertvolle Güter
- die ich sowohl unterschätzen als auch überschätzen kann.
Sowohl ein übertriebene Sorge um die eigenen Gesundheit als auch eine
totale Vernachlässigung aller berechtigten Ansprüche meines Körpers
können stark emotional belastet sein...
-
Brauche ich vielleicht auch hier manchmal die Gegenkräfte
eines gesunden Hasses auf meine eingefleischte Fehlhaltung?...
Verlangst Du, Herr, wirklich von mir, allem zu entsagen,
was ich habe?...
-
Wo bindet mich Besitz?... Wo klammere ich mich an etwas,
und lasse mir dadurch die Freiheit nehmen?... Was bindet mich emotional?...
Was nimmt mir die Freiheit zur Nachfolge?...
-
Brauche ich vielleicht auch hier manchmal einen Schub eines
„gesunden Hasses", um mich davon zu befreien?...
Tägliches Morgengebet:
Wiederholungsgebet: (vielleicht
über eine längere Zeit hin:)
„Mich zur Freiheit zu führen" - „schenkst
du mir diesen Tag"...
Ich lasse einige Situationen, die mir der Tag voraussichtlich
bringen wird, vor mir erstehen in einer Vorausmeditation - und fühle
mich ein, wie ich als wahrhaft freier Mensch Dir darin nachfolgen kann
und will...
Lebensmeditation:
Du hast nicht alle Menschen in Deine engere Nachfolge
als Jünger gerufen - Du stellst mir den ganzen Ernst der Nachfolge
vor Augen und gibst mir die Freiheit, Ja oder auch Nein zu sagen - und
forderst mich auf, meine Kräfte und Möglichkeiten nüchtern
abzuwägen. Und ich darf „um Frieden bitten", - ohne deshalb weniger
wert zu sein...