Karin Johne

Einführung in die Meditation mit Schülern des
8.-10.Schuljahres

Handreichung für die Arbeit mit Schülern des 8.-10.Schuljahrs

(Arbeitsgruppe „Arbeit mit Konfirmanden“ In der theologisch-pädagogischen Arbeitsgemeinschaft der Ev.Luth. Landeskirche Sachsens. veröffentlicht im Amtsblatt der Ev. Luth. Landeskirche Sachsens 1975, 6-8)

 

Teil 1 Inhalt

Teil 1 - Inhalt

Teil 2 - Vorbemerkungen  2

Teil 3 - Meditation als Lebens- und Glaubenshilfe  2

Teil 4 - Fundamentalerfahrungen  5

Teil 5 - Hinführungsmöglichkeiten zur Meditation   6

Teil 6 - Stille- und Entspannungsübungen  9

Teil 7 Symbolmeditationen  -Metaphermediationen  11

Teil 8 - Meditieren eines Menschen  13

Teil 9 - : Wortmeditation  16

Teil 10- Biblische Meditation  17

Anlage  19

 

Teil 2 - Vorbemerkungen

Vorbemerkungen

2.1. Immer mehr stellen wir fest, dass unseren jungen Menschen grundlegende Voraussetzungen fehlen, um den Inhalt der christlichen Botschaft aufzunehmen und in ihr Leben hinein zu nehmen. Es sind scheinbar ganz einfache menschliche Grundhaltungen, die neu gelernt und geübt werden müssen: das Hören mit dem Herzen - das Verstehen bildhafter Sprache - die innere Stille, welche die Botschaft empfangen kann - die Klarheit der Fragen, welche auf Antwort wartet - das Gefühl für die Mehrschichtigkeit der uns umgebenden Dinge u.a.m.

Diese Arbeitshilfe will einige Möglichkeiten und Wege aufzeigen, wie man jungen Menschen helfen kann, diese Grundhaltungen neu zu entdecken. Der Weg dort- hin wird uns angeboten in Übungen der Meditation.

2.2. Mancher schreckt vielleicht schon beim Lesen der Überschritt zurück im Blick auf seine konkrete, desinteressierte Schülergruppe und hält jede Arbeit in dieser Weise dort für unmöglich. Dazu ist zu sagen:

Es gibt einzelne, für die eine solche Form der Arbeit nicht geeignet ist. Zum Meditieren darf und kann man niemanden zwingen - das wäre auch sinnlos, denn alles kommt hier auf die eigene Bereitschaft zum Mittun an.
Es gibt aber mehr Kinder, als wir meinen, die gerade deshalb uninteressiert sind an der bisherigen Form unseres Unterrichtes, weil sie nicht auf ihre Kosten kommen. Nicht wenige von ihnen werden durch diese neue Form der Arbeit sehr intensiv angesprochen.

2.3. Seit vielen Jahren liegen auf diesem Gebiete Erfahrungen vor, die im katholischen Raume mit Kindern im Konfirmandenalter gemacht worden sind. Jungen und Mädchen des 8.-10. Schuljahres werden zu drei- bis vier- tägigen Meditationskursen eingeladen. Viele der dort ausprobierten Übungen sind in diese Unterrichtshilfe eingearbeitet (vgl. Christenlehre 1974/1). Die Erfahrungen sind so gut, dass es sich lohnt, auch bei uns nach Wegen zu suchen, wie man Kindern durch solche Möglichkeiten helfen kann auf ihrem Lebens- und Glaubensweg.

2.4. Ausführlicher sind diese Überlegungen dargestellt in "Zeichen der Zeit" 1974/11: "Meditieren als Lebens- und Glaubenshilfe für den heutigen Menschen."

Teil 3 - Sachliche Überlegungen

3.1. Was will Meditation?

3.1.1. „Meditieren" ist ein großes Wort für etwas, was dem Menschen seit eh und je bekannt ist, ohne dass er dieses Wort gebraucht hätte. Sich besinnen, einmal zur Stille kommen, etwas nicht nur mit dem Verstande, sondern gewissermaßen mit dem „Herzen" anschauen, etwas in sich einlassen, sich bis in die Tiefe einem Erlebnis öffnen - all das und noch manches andere sind Bestandteile dessen, was man heute als Meditieren bezeichnet.

3.1.2. Nun hat es aber unsere Zeit in sich, dass sie den Menschen mit einer solchen Fülle von Erlebnissen und Eindrücken überschüttet, dass es immer schwerer wird, alles Aufgenommene zu verarbeiten, darüber nachzudenken und daraus seine Schlüsse zu ziehen. Unverarbeitetes bleibt liegen, ungeordnet, wie im äußeren so auch im inneren Leben - und da sich der Mensch in der Unordnung auf die Dauer nicht wohl fühlt, reißt er aus, verliert sich in Äußerlichkeiten, er ist nicht mehr bei sich selbst „zu Hause", fühlt sich nicht mehr wohl und entdeckt vielleicht eines Tages, dass er eigentlich gar nicht mehr selbst lebt, sondern dass er „gelebt wird" - seine inneren Tiefenschichten werden mehr und mehr ausgeblendet. Jedes Organ aber, was nicht ständig geübt wird, ist in Gefahr zu verkümmern. So erschrecken heute manche Menschen bis ins Innerste vor der Gefahr, die uns allen droht: dass der innere Mensch verkümmert!

3.1.3. Ganz besonders aufhorchen müssen wir bei diesen Gedanken, wenn wir uns für junge Menschen verantwortlich fühlen, die es lernen sollen, in dieser Welt als Christen zu leben. Gott braucht offene Herzen, wo immer er Menschen begegnen will. - Wenn es aber nun dem Menschen gar nicht mehr gelingen sollte, sein Herz zu öffnen? - Wenn man es heute als unumgängliche Voraussetzung erkennt, einem Hungernden erst einmal Brot zu geben, ehe man ihm das Evangelium bringen kann, so könnte man ebenso sagen: Es ist unsere Aufgabe als Christen, erst einmal den Menschen zu zeigen, wie man das brachliegende Erdreich des „inneren Menschen" lockern und umgraben, durchfeuchten und erwärmen kann, ehe man den Samen des Wortes Gottes hineinlegt:

3.1.4. Meditieren heißt also nichts anderes, als dem Menschen zu helfen, etwas, was wesentlich zum Menschsein gehört, was er selbst aus eigener Erfahrung kennt, aber z. T. verloren hat, wiederzufinden, bewusst neu zu üben und es immer besser zu lernen. So verstanden, wird Meditieren zu einer Voraussetzung dessen, was unsere Vorfahren mit Kontemplation bezeichneten und wonach sich unsere Zeit heute wieder ausstreckt (Taizé!).

3.1.5. Wer Bedenken haben sollte, dass man sich mit solchem Tun in die Gefahr eines Synergismus begeben könnte, dem könnte man erwidern: Meditieren will das Radio in Ordnung bringen, dass es empfangsbereit wird für die Sendung - ob der Sender allerdings sendet und was er sendet, das kann kein Radio beeinflussen!

3.2. Meditation als Lebenshilfe für junge Menschen heute

Alles, was in diesem Zusammenhang gesagt wird, hat den jungen Menschen im Blick, wie er heute von der Welt, in der er steht, gefordert und beeinflusst wird. Es kann hier niemals um Vollständigkeit einer Situatiosanalyse gehen. Doch kann man vielleicht an einigen Beispielen die Richtung anzeigen, in welcher sich die heutige Entwicklung zu bewegen scheint. Dabei darf nicht vergessen werden, dass wir alle in dieser Bewegung darin stehen. Die Frage steht dabei im Hintergrund: Welche Hilfe könnte die Meditationsarbeit dabei geben?

3.2.1. Man braucht sich nicht erst ein Bild des Stadtzentrums von "Tokio bei Nacht" anzuschauen, um intuitiv zu verstehen: Soviel Eindrücke kann kein Mensch wirklich innerlich „verdauen". Jede Großstadt zwingt den Menschen dazu, innerlich „abzuschalten". Dieses Abschalten aber kann zur Lebensgewohnheit werden, man lässt nicht nur das „Zuviel", sondern überhaupt nichts mehr wirklich an sich herankommen, in sich eindringen, sondern verlegt sein Leben mehr und mehr an die Oberfläche, wo ein starker Eindruck vom anderen abgelöst wird. Dabei macht sich aber sehr bald eine zunehmende innere Leere bemerkbar, die man wiederum durch noch stärkere Eindrücke zu übertönen sucht. Auf diese Weise geht nach und nach überhaupt die Fähigkeit verloren, etwas in der Tiefe zu erleben. Vieles rastlose Suchen junger Menschen nach Glück und Erfüllung hat hier seine Wurzeln. Im Alter unserer Konfirmanden werden an dieser Stelle Weichen für das ganze Leben gestellt.

3.2.2. Ein anderes Beispiel: Unsere jungen Menschen müssen sich bald für einen Beruf entscheiden. Das fällt vielen schwer - auch schon vor den Zeiten der Jugendarbeitslosigkeit. Die Spezialisierung der Berufsausbildung ist ein Kennzeichen unserer technisierten Welt. Niemand ist mehr fähig, auch nur ein großes Berufsgebiet völlig zu beherrschen. Der Mensch aber strebt zum Ganzen, er wird auf die Dauer den Verlust dieser Ganzheit nur ertragen, wenn er lernt, das Spezielle als einen Teil des Ganzen zu sehen.

Meditation will Wege zeigen, verborgene Zusammenhänge zu entdecken, welche die Welt in ihrer Vielfalt doch zu einer großen Ganzheit zusammenschließen. Das ist bei vielen Arbeitsvorgängen möglich!

3.2.3. Gerade unter jungen Menschen bricht heute in einer früher kaum gekannten Dringlichkeit die Frage auf nach dem Sinn des Lebens. Sie ist geradezu als eine Kardinalfrage junger Menschen bezeichnet worden. Angebote, die von verschiedenen Seiten gemacht werden - die Kirche eingeschlossen -, befriedigen den jungen Menschen oft nicht. Gerade diese entscheidende Frage will er sich nicht von fertigen „dogmatischen" Lösungen her beantworten lassen, sondern er sucht nach einer Antwort, die ihm selbst einleuchtet und damit sein konkretes Leben durchleuchtet. Wo nun ein solcher suchender Mensch beim Meditieren immer mehr erlebt, wie jedes Ding nicht nur seinen zufälligen Platz hat, sondern in einer geheimnisvollen Weise seinen Sinn im Ganzen hat,. wie Dinge und geistiges Geschehen sich so verwandt sind, dass man die gleichen Worte für beides verwendet ("Weg" - Lebens -“weg") - dann mag in ihm langsam ein tiefes Vertrauen darauf wachsen, dass auch sein kleines Leben einen Sinn für das Ganze erfüllt, wenn auch ganz verborgen.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Ein 14jähriges Mädchen, das einen Meditationskursus besucht hatte, kam tief erfüllt und beglückt von einer verregneten Autobusfahrt heim: „Ich habe über die Scheibenwischer meditiert - so etwas gibt es doch oft, immer wieder ist der Blick nach vorn getrübt, wie von Regentropfen, aber Gott wischt dann immer wieder alles weg, dass man die nächste Strecke erkennt!"

3.3. Meditation als Glaubenshilfe für junge Menschen heute

3.3.1. Ich kann auf einer Bergwiese vor einer sprudelnden Quelle stehen, und ich kann in der exegetischen Forschung nach den „Quellen" einer biblischen Erzählung suchen. Das gleiche Wort für verschiedene Dinge, in der sinnenhaften Welt und in der geistigen Welt! Wie verhalten sich diese beiden Wirklichkeiten zueinander, für die unsere Sprache das gleiche Wort braucht? Weder das Wörtlein "ist" noch das Wort "bedeutet" empfinden wir als zutreffend, um dieses Verhältnis zu bestimmen. Man gebraucht das gleiche Wort dort, wo auf verschiedenen Ebenen etwas ist, was einander „entspricht"! In der Meditation bezeichnet man den Gegenstand, der sinnlich anschaubar ist, als Symbol für das, was es „Entsprechendes" in der geistigen Welt gibt, auch dort, wo es sich nicht im gleichen Namen ausdrücken muss. Die Fähigkeit, symbolisch zu denken und Dinge, Handlungen oder Ereignisse in ihrer Symbolkraft zu verstehen, ist eine wichtige Voraussetzung, um biblisches Denken zu verstehen. Zentrale biblische Aussagen wie die Ich-bin-Worte Jesu oder das Vaterbild für Gott erschließen sich in ihrer Tiefe nur diesem symbolischen Verstehen. Ähnliches gilt auch für viele unserer Kirchenlieder (z.B. „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld...“ oder: „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt..“).

3.3.2. Die Zeugnisse der Bibel - sowohl des Alten Testamentes wie auch des Neuen Testamentes - liegen für den heutigen Leser wie hinter dem kaum durchsichtigen Vorhang einer unüberbrückbar scheinenden Zeitspanne. Wir scheuen uns mit Recht davor - auch gerade im Unterricht, den Abstand einfach zu vertuschen. Das Wissen um diesen Abstand erscheint uns als ein Gebot der wissenschaftlichen Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit gegenüber den jungen Menschen. Wie aber kann dann solch ein Wort aus „grauer Vorzeit" überhaupt noch seine Funktion erfüllen, Wort Gottes an mich persönlich zu sein - sowohl schenkend als auch fordernd? Steht und fällt mit dieser Frage nicht unser christlicher Glaube?

  Hier liegt wahrscheinlich die entscheidende Aufgabe meditativer Arbeit. Wo der Mensch es aus eigener Erfahrung lernt, dort eine innere Verbindung herzustellen, wo Dinge und Geschehnisse scheinbar völlig zusammenhanglos nebeneinander liegen, wo er sich darin übt, sich selbst wiederzufinden in dem, was ihm gegenüber steht, da ist entscheidende Vorarbeit geleistet, um den Abstand verschwinden zu lassen, der uns von der Bibel trennt.

3.3.3. In einer Welt, die sich vorwiegend anthropozentrisch versteht, bleibt kein Platz mehr für einen "Gott im Himmel". Hoffentlich ist auch die Versuchung, Gott weiterhin nur im Noch-nicht-Erforschten anzusiedeln, bald endgültig in der Kirche überwunden. Es bleibt uns kein anderer Weg mehr, als endlich damit ernst zu machen, dass Gott allgegenwärtig ist. Das heißt aber konkret, dass er uns überall, in jedem Ding, in jedem Ereignis, in jeder Situation begegnen kann und begegnen will. Nur so kann Gott als Lebenswirklichkeit erfahren werden, nicht in Form eines Pantheismus, sondern im Wissen darum, dass Gott der Schöpfer alles Seienden ist und sich darum in allem Seienden selbst aussagt. In einem Symbol aber dem zu begegnen, „was mich unbedingt angeht" (Tillich), will gelernt und geübt sein. Wer überhaupt nicht mehr dazu fähig ist, dem wird auch das Organ dazu fehlen, in dem Menschen Jesus Christus der Wirklichkeit des lebendigen Gottes selbst zu begegnen. Ziel christlicher Meditation aber ist diese Gottesbegegnung durch Christus.

3.3.4. Man sagt, dass wir heute in einer manipulierbaren Welt leben. Das Denken und Fühlen unserer jungen Menschen ist dadurch geprägt, dass man erkannte Ziele systematisch ansteuert. Tun wir das auch als Christen? Oder überlassen wir es hier weithin noch dem Zufall, wie wir verkündigen und auf welche Weise wir die Menschen ansprechen? Selbst wenn man das Wort „Zufall" in seinem innersten Sinn versteht, dass Gott einem das Notwendige „zufallen" lassen wird, entbindet uns das nicht von der Aufgabe, Wege zu suchen, welche zum Ziele führen können - auch wenn man weiß, dass es immer freie Gnade Gottes ist, wenn er ein Menschenherz anrührt. Ein solcher Weg (noch einmal sei betont: nicht der einzige Weg!) ist die Meditation.

3.3.5. Und ein Letztes: Unsere heutige Welt - und wir in ihr - hat ein sensibles Unterscheidungsvermögen für Echtes und Klischee. Nur wenn bei uns Christen Wort und Tat übereinstimmen, wenn man uns anspürt, dass wir mit dem Herzen hinter dem stehen, was unser Mund spricht, haben wir überhaupt Aussicht, gehört und ernst genommen zu werden. Meditation erschließt Möglichkeiten und Fähigkeiten des Menschen, das „Vollbringen" näher an das „Wollen" heranzubringen. Das muss man wissen, und das muss man üben, gerade mit jungen Menschen, die an der Schwelle des Erwachsenwerdens stehen. Und dann wird man nach Jahren solcher Übung in einer ganz neuen Weise verstehen, was Paulus mit seinem „allein aus Gnaden" gemeint hat. Denn dann berufen wir uns nicht mehr auf die „billige Gnade" (Bonhoeffer). Aber dieser Gedanke gehört dann schon zu einer Arbeit, die auf den hier angebotenen Grundelementen aufbaut!

 

Teil 4 - Didaktische Überlegungen

4.1. Fundamentalerfahrungen - Elementareinsichten - exemplarisches Verstehen

Meditieren will helfen, Existenzbedingungen zu schaffen, in denen sich Fundamentalerfahrungen leicht ereignen können, solche Erfahrungen im Bilde oder im Wort zu fassen, um so zu Elementareinsichten zu gelangen und die Fähigkeiten zu üben, solche Einsichten auf geistige Wirklichkeiten des Lebens und des Glaubens zu übertragen.

An einem Beispiel soll das verdeutlicht werden: Kinder meditieren über das Symbol des Weges. Einige sehen ihren Weg vor sich,

- wie er unübersichtlich nur die nächste Strecke dem Blick frei gibt,

- wie Büsche am Wegrand unbekannte Gefahren bergen.

In diesem Bilde verdeutlicht sich eine Fundamentalerfahrung, die gerade dem Pubertätsalter eigen ist: Pubertät ist eine Phase der Verunsicherung, man erlebt sein Leben als gefährdet. Ein Kind sah auf diesem Wege einen anderen Menschen kommen, der dann mit ihm ging. Jetzt wurde der Weg übersichtlicher, und erschien ungefährlicher. Das Mädchen deutete dieses Bild selbst:

"Wenn ich nicht allein gehen muss, wird alles leichter": eine Elementareinsicht! Über solch eine Einsicht zu meditieren heißt: ich wende sie an auf mein Leben. Was mir an diesem Bilde deutlich geworden ist, gilt für viele Situationen: "Ich möcht', dass einer mit mir geht..." Die Notwendigkeit der Gemeinde und des Lebens mit Jesus kann aus solch einer Meditation dem jungen Menschen deutlich werden.

4.2. Verstehenshorizont (Meditation im Blick auf den heranwachsenden Jugendlichen) 

Nach einer stark meditativen Periode im Leben des Kleinkindes macht das Kind im Alter von 10 bis 12 Jahren eine Periode der Außengerichtetheit durch. In dieser Zeit will das Kind immer Neues erleben und entdecken.

Mit dem Eintritt in die Pubertät aber wandelt sich die Richtung. Der junge Mensch entdeckt sein Inneres - er entdeckt es als eine seltsame, undurchschaubare Welt, die ihm immer neue Rätsel aufgibt. Deshalb ist er in dieser Zeit besonders aufnahmebereit und dankbar für Hilfen, die ihm beim Kennenlernen dieses eigenen Ich angeboten werden. In keiner Altersstufe wird Anleitung zur Meditation so dankbar und ursprünglich aufgenommen wie gerade bei unseren Konfirmanden - vorausgesetzt, dass ihnen diese Welt so zugänglich gemacht wird, dass sich keine innere Tür verschließt (auch das geschieht in diesem Alter ganz besonders leicht!).

4.3. Gefahren

Nach dem eben Gesagten muss auch das andere gesagt werden: Es gibt Menschen jeden Alters, bei denen Meditieren nicht möglich ist. Der Grund kann - selten - in einer besonders aktiven Veranlagung liegen, er kann aber auch in besonderen Situationen zu finden sein.

Meditation setzt eine gewisse seelische Ausgeglichenheit voraus, besonders starke, schmerzliche Eindrücke können für einige Zeit alles übertönen und lassen keinen Raum für echte Meditation. Deshalb muss man diese Gefahr kennen, um von niemandem etwas zu verlangen, was er nicht leisten kann.

Eine weitere Gefahr besteht bei übernervösen Kindern, die nicht stillsitzen können. Da Meditation den Raum der Ruhe braucht, stören sie sich selbst und die anderen.

Ein Letztes, Wichtiges: Niemals sollte man über etwas Negatives meditieren! Die inneren Wirkungen meditativer Bilder sind stärker, als man es selbst zunächst spürt. Hier liegt die Verheißung, aber auch die Gefahr des Meditierens. Aus diesem Grunde muss man selbst den Stoff der Meditation genau prüfen, ehe man ihn anbietet (man kann weder über die Hölle, noch über ein KZ meditieren!). Aber man muss auch den Kindern sagen, dass sie selbst aufhören müssen, wenn sie auf negative Bahnen kommen. Diese Gefahr kann man nicht immer voraussehen, bei manchem Kind könnte etwa eine „Vater“- Meditation solche negativen Formen annehmen.

4.4. Verstehensschwierigkeiten

Die Verstehensschwierigkeiten liegen in unserer heutigen Umwelt: Leistungsdenken, Geräuschkulissen und das rasende Tempo unserer Zeit sind einige der ausgesprochen meditationsfeindlichen Faktoren. Der Sog an der Peripherie bedroht heute jeden Menschen und birgt die Gefahr in sich, dass er seine „Mitte" verliert. Es ist viel leichter, dies theoretisch einsichtig zu machen, als es praktisch auszuschalten. Das wird nur möglich, wenn es gelingt, den jungen Menschen die Wichtigkeit dessen, was wir tun wollen, so einleuchtend zu machen, dass sie selbst wirklich mittun wollen. Und gerade im Mittun erleben sie, wie wichtig dieses Tun ist, So wächst die Überwindung vieler Schwierigkeiten von den jungen Menschen selbst her.

4.5. Schwerpunkte

Was Meditation ist, wird im Vollzuge erfahren. Immer wieder wird man auf eigene Erfahrungen der jungen Menschen selbst zurückgreifen und daran aufzeigen müssen, was gemeint ist. Jedoch muss man auch einführend schon einige Schwerpunkte setzen und sie den Kindern als Ziel vor Augen stellen, damit sie selbst dieses Ziel erreichen wollen.

Solche Ziele wären:

4.5.1. Wir sind umgeben von ständigem Lärm. Viele Menschen leiden darunter. Es gibt eine Möglichkeit, fast unempfindlich dafür zu werden. Das wollen wir üben.

4.5.2. Was wir jetzt tun, will euch helfen, euch selbst besser kennen zu lernen. Es gibt nicht nur eine Welt um uns - es gibt auch eine Welt in uns. Die ist oft wie ein verwüsteter Garten. Wir wollen sie kultivieren.

4.5.3. Es gibt Menschen, die fahren um die ganze Welt und werden doch nicht glücklich. Und es gibt Menschen, die entdecken, dass die kleinste Stelle dieser Welt so voller Wunder ist, dass sie überall etwas Herrliches entdecken. Wie wichtig kann das sein, z. B. wenn man einmal krank ist! Das wollen wir lernen.

4.5.4. Manchmal stehen wir vor schweren Entscheidungen - der eine sagt dies, der andere das Gegenteil. Was soll ich tun? Wer meditiert, merkt, wie langsam in ihm etwas wächst, das ihm hilft, sich selbst ein Urteil zu bilden.

4.5.5. Wer von euch hat Gott schon einmal sprechen gehört? Wir hören Gott nicht mit den Ohren, sondern mit dem Herzen. Dieser Empfänger aber ist bei vielen Menschen kaputt. Wir wollen ihn in uns empfangs- bereit machen.

Teil 5 - Methodische Angebote 1

5.1. Grundsätzliches zur Methode

5.1.1. Beim Anleiten zum Meditieren steht und fällt alles mit der Frage: Wie bringe ich den anderen dazu, dass er sich nicht nur meine Erkenntnisse anhört und übernimmt, sondern dass er selbst in sich die eigenen Quellen entdeckt und erschließt?

5.1.2. Es gibt viel Formen und Möglichkeiten, in denen man meditieren kann:

- man kann allein oder in der Gruppe meditieren
- man kann es tun beim Anblick eines Bildes oder eines Gegenstandes
- man kann meditieren, indem man aufschreibt, was - einem einfällt
- man kann sich auch einfach dem inneren Bild, dem inneren Wort und dem Inneren Gefühl öffnen bei völliger äußerer Stille.
Diese letzte
Methode hat sich bei Kindern in der Phase der Pubertät gut bewährt.

5.1.3. Äußere Voraussetzungen einer fruchtbaren Meditationsarbeit dürften nach vielen bisherigen Erfahrungen sein: ein Raum, in dem Ordnung und Stille herrscht (eine kleine Kirche ist durchaus dazu geeignet), ein Ort, der eine gewisse Loslösung vom Alltagsgetriebe ermöglicht, ein Teilnehmerkreis, der verbunden ist durch den Willen, sich dem zu öffnen, was da geschehen soll.

Wie ist das erreichbar? Dieser Entwurf bietet einen Vorschlag an: Man hält in der Gesamtgruppe eine Stunde, welche die Kinder erleben lässt, was Meditieren ist und was es will. Die Kinder, die in dieser Richtung weiterarbeiten wollen (das kann durchaus die ganze Gruppe sein!), lädt man ein zu einem Einführungskurs, wie er hier angeboten wird. Das kann in der eigenen Gemeinde oder auch übergemeindlich geschehen - in Wochenenden oder auf Rüstzeiten. Prinzipiell möglich ist auch eine Verteilung des Kurses auf je eine Meditationsstunde in der Woche, hier ist aber die Gefahr sehr groß, dass der Teilnehmerkreis wechselt und eine kontinuierliche, aufbauende Arbeit sehr erschwert. Außerdem muss man die Vorarbeit des "Zur-Stille-Führens" immer wieder neu tun. Trotzdem wird es oft die einzig realisierbare Möglichkeit sein.

5.1.4. Eine hinführende Meditationsstunde für alle ist deshalb nötig, weil man Meditieren nur kennen lernen kann im eigenen Tun - nicht, indem man einen Vortrag darüber anhört. Daraus ergibt sich auch das methodische Vorgehen in der Arbeit selbst: In irgendeiner Weise wird solche Arbeit sich immer aus 3 Komponenten zusammensetzen:

5.1.4.1. Man führt hin zur Meditation, indem man die Kinder anspricht auf irgendwelche eigene Erfahrungen, die sie selbst auf diesem Gebiet schon gemacht haben.

5.1.4.2. In der eigentlichen Meditation sollen sie - unbeeinfiußt vom Leiter und voneinander - neue eigene Erfahrungen sammeln.

5.1.4.3. Im gemeinsamen Gespräch über solche Erfahrungen lernen sie, sich über Vorgänge ihres inneren Lebens zu äußern (sehr wichtig in diesem Alter!), und sie lernen im Hören auf den anderen, ihre eigenen inneren Möglichkeiten zu erweitern und zu vertiefen.
Aus diesem eigenen Erleben her wächst der Wille, in ein Land der inneren Freude und des inneren Reichtums, wie man es geschaut hat, weiter einzudringen, und auch die Mühen auf sich zu nehmen, die das kostet.

5.1.4.4. Wer spontan meditiert, wird - ohne dass er es selbst registriert - völlig still dabei: Ein Kind ist „versunken" in den Anblick einer spielenden Katze; ein Professor hält inne im Laufen oder im Schreiben, wenn ihm eine neue Idee kommt - das ist so, als ob sich alle Kräfte von außen nach innen zurückzögen und sich ganz dort konzentrieren - der Atem wird tief und ruhig. So kann man auch umgekehrt von der Körperhaltung her die Tiefe der Meditation beeinflussen. (In manchen Meditationskursen kann man das üben im Blick auf Meditationshaltungen, die der Osten in Jahrtausende alten Übungen entwickelt hat.)
Für uns sind hier zwei Dinge wichtig: Es gilt, mit den Kindern eine Haltung zu finden, in der man frei und tief atmen kann (gerade sitzen, ohne Verkrampfungen!) und in der man es mühelos eine Weile ohne die geringste Bewegung aushalten kann (das ist wichtig, jede Bewegung stört nicht nur den anderen, sondern vor allem das innere Bild !).

5.1.4.5. Man braucht kein Meister der Meditation zu sein, ehe man es wagen dürfte, mit Kindern zu meditieren. Eines aber ist unerlässlich, wichtiger als alles bisher Gesagte: Man muss sich selbst auf diesen Weg begeben haben. Mehr als bei jeder anderen Form des Unterrichtes kann der Unterrichtende hier nur das vermitteln, was er selbst ist und hat (nicht: was er weiß!). Wo man aber die Stunde vorher selbst durchmeditiert hat, wird man immer wieder erleben, wie die Kinder einem sogar das Unausgesprochene abnehmen und selbständig weiterführen. Es ist, wie wenn mit der Stimmgabel ein Ton angegeben wird, und die entsprechende Saite des Instrumentes klingt von allein mit.

5.2: Vorschläge für Hinführungsstunden

(In ihnen sollen Konfirmanden erleben, was mit Meditieren gemeint ist)


5.2.1. Erste Möglichkeit:

Karrikatur

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5.2.1.1. In einer Zeitschrift „Deine Gesundheit“ (1973/10) sah man auf der Rückseite eine Karikatur, die uns nachdenklich machen kann:
In der Mitte ist das Bild eines Mannes zu sehen, der sich die Haare rauft. Von allen Seiten kommt es auf ihn zu:

- Der Chef: "Ich warte seit vorgestern auf Ihren Bericht!"
- Die Sekretärin: "Diese Akten sind sofort zu erledigen!"
- Der Arbeiter: "Unser Meister hat seit 2 Tagen schon kein Ohr für uns!"
- Ein Kollege: "Donnerstag haben wir Sitzung!"
- Das Fernstudium: "Von Ihnen fehlt mir noch die Belegarbeit !"
- Das Kind: "Vati, wann hast du mal Zeit für mich?"
- Die Frau: "Ab morgen habe ich wieder Spätschicht!"

5.2.1.2. Man stellt die Aufgabe: Zeichnet eine ähnliche Karikatur, wie sie für euch selbst zuträfe. Ihr habt 10 Minuten Zeit dazu!

5.2.1.3. Lest vor, was ihr geschrieben, und zeigt, was ihr gezeichnet habt (in kleineren Gruppen ist das gut möglich) !

5.2.1.4. Dreht das Blatt um - beantwortet schriftlich, jeder für sich, die Frage: Was wird auf die Dauer aus solch einem Menschen?

5.2.1.5. Auswerten der Antworten - weiterführen. Was könnte man tun, um dem vorzubeugen? (In eurem Alter werden hier die Weichen für das ganze Leben gestellt!)

Hilfsimpuls: Stichworte: "Autogenes Training", "Psychohygiene". Das gibt es nicht nur für Erwachsene, das gibt es auch für Kinder in eurem Alter!

5.2.1.6. Vorlesen: "Bericht von einem Meditationskurs mit Kindern." Wer hätte denn Lust, so etwas einmal mitzumachen? . '. (Anlage)

5.2.2. Zweite Möglichkeit: Wettertabelle

5.2.2.1. Wir legen eine Wettertabelle an. Nehmt einen Zettel und schreibt jeder für sich auf, was es für verschiedene Wetterlagen geben könnte (Sonne, Regen, Wolken, Gewitter, Sturm, Nebel. . .). Wir lesen vor und ergänzen, was wir nicht selbst gefunden haben.

5.2.2.2. Man zeigt Dias mit Kindergesichtern (5-6 Dias) und stellt die Aufgabe: Wir schauen uns jedes Bild ganz in Ruhe an - und überlegen: Ein Kindergesicht ist noch ganz offen, darin kann man gewissermaßen ablesen, was für Wetter in der Seele dieses Kindes herrscht - versucht, zu jedem Bild die „Wetterlage" zu finden. Bitte schaut erst eine Weile still hin, ehe ihr etwas sagt!

5.2.2.3. Jetzt habt ihr 15 Minuten Zeit, schreibt jeder für sich selbst auf: Wo scheint in meinem Leben die Sonne - wo ist Sturm (usw.) -; ihr könnt jeden einzelnen Punkt durchgehen! (Es kann gleich zu Anfang gesagt werden, dass das Geschriebene nicht vorgelesen zu werden braucht, jeder soll das wirklich für sich selbst tun! Wer Lust hat, darf es aber auch vorlesen.)

5.2.2.4. Auswertung - ohne auf den Inhalt des Geschriebenen einzugehen:

Bei solchen Vergleichen kann man allerhand entdecken!... Ihr lernt in der Schule vieles - aber wenig darüber, wie es in euch selbst aussieht, in eurer inneren Welt. Das aber ist ganz wichtig! Weil wir diese innere Welt so wenig kennen, darum fällt es uns auch so schwer, über innere Dinge zu sprechen. Das aber ist manchmal nötig, und gerade in eurem Alter möchte man das ab und zu gern tun, aber man weiß meistens nicht wie!
Wem das heute Freude gemacht hat, wer das besser lernen will, den möchte ich einladen zu einem Meditationskurs.

Teil 6 - Methodische Angebote 2 

6. Vorschläge für einen Grundkurs zur Einführung in die Meditation

6.1. Erste Arbeitseinheit: Stille- und Entspannungsübungen

6.1.2.Hinführung

Wir knüpfen an bei dem, was wir in der Hinführungsstunde erarbeitet haben. Schreibt auf: Was erwarte ich von diesem Meditationskurs? (Sollte die Unruhe zu groß sein, kann man als Vorübung die Aufgabe stellen: Was erwarte ich von meiner Tanzstunde? - An diesem naheliegenden Thema werden erst einmal die Weichen gestellt für die folgende Aufgabe: dass man sich überlegt, wie man an neue Situationen herangeht, die Erwartungen in klare Gedanken fassen und formulieren muss.

Wir lassen das Niedergeschriebene vorlesen und ergänzen noch einiges, kurz (vgl. oben: Didaktische Überlegungen. 5.: Schwerpunkte).

6.1.2. Vorbemerkungen:

  Wir sind hier beieinander, nicht um viel zu reden, sondern um gemeinsam etwas zu tun. Für jedes neue Tun braucht man am Anfang einige Arbeitsanleitungen, so will ich euch auch zu Beginn einige wichtige Hinweise geben, damit ihr selbst Freude an unserem Tun gewinnen könnt:

6.1.2.1 Ein 6-jähriger Junge kommt in seine erste Klavierstunde - voller Erwartung, nun gleich sein erstes Lied spielen zu dürfen. Aber er bekommt zuerst die Aufgabe, mit seinen Armen "eine Brücke zu bauen" , damit er sich von Anfang an keine falsche Haltung angewöhnt. Kleine Vorübungen sind nötig, wenn man etwas Richtiges leisten will! Und noch jeder große Pianist wird jeden Tag eine gewisse Zeit für Tonleiter- und Technikübungen brauchen! - Und so etwas gibt es selbstverständlich auch beim Sport! Wer die kleinen Dinge verachtet, wird nichts Großes leisten! Das gilt auch für unsere Arbeit: Verachtet nicht die kleinen Dinge! Sie haben Sinn, selbst wenn sie euch zuerst albern erscheinen!

6.1.2.2. Nicht durch das Anhören eines Vortrages über die Technik des Stabhochsprunges wird man zum Leistungssportler (auch das theoretische Wissen ist nötig!), sondern durch eigenes ausdauerndes üben. Was wir hier gemeinsam tun, wird erst dann für euch selbst wirklich fruchtbar, wenn ihr das, was wir hier gemeinsam üben, selbständig weiter tut. Nicht, was ich euch sage, ist wichtig - das soll nur hinführen -, wichtig ist, was jeder selbst entdeckt! Ich gleiche eigentlich nur dem Trainer beim Sport, der die eigenen Leistungen des Sportlers überwacht und korrigiert. Was wir tun, ist etwas Ähnliches, nur mit einem Unterschied: Der Trai ner sieht Fortschritte und Fehler des Sportlers - ich aber bin angewiesen auf das, was ihr mir sagt von dem, was in euch vorgeht: Ich brauche eure Rückäußerungen! Das ist aber auch für euch selbst wichtig, dass ihr lernt, über innere Vorgänge zu sprechen. Das fällt einem oft sehr schwer - z. B. wenn man einen wichtigen Brief schreiben soll, in dem es nicht nur um Erlebnisberichte geht!

6.1.2.3. In der Schule gibt es verschiedene Fächer die meisten wenden sich an euren "Kopf" - denn in der Schule geht es vor allem um das Lernen und um das Denken. Es gibt aber auch andere Fächer, die sich nicht nur an den Kopf wenden! (z.B. Turnen, Zeichnen, Musik) Was wir hier tun wollen, will den ganzen Menschen ansprechen und einbeziehen. Deshalb muss auch der ganze Mensch, also der Verstand, das Gefühl, der ganze Körper bereit sein. Es kommt sehr viel auf unsere Körperhaltung an!

In großen Meditationskursen übt man einige Stunden nichts anderes als die richtige Meditationshaltung. In Asien hat man sich seit über 1000 Jahren gemüht, die Haltungen zu entwickeln, in denen das Meditieren am leichtesten möglich ist. Das wollen wir hier nicht so ausführlich tun. Aber auf zwei Dinge können wir nicht verzichten:
- Wir müssen eine Haltung finden, in der man es mühelos eine Zeitlang ohne jede Bewegung aushalten kann - denn fast jede Bewegung ist mit einem geringen Geräusch verbunden (ausprobieren!) und beeinflusst das innere Bild, das wir schauen. Das werdet ihr selbst noch merken. Ohne Mühe kann man aber nur unbeweglich bleiben, wenn man ganz locker und unverspannt ist. Das gelingt am besten, indem man ganz gerade sitzt, so dass der Körper in sich, über seinem Schwerpunkt ausruht (wir können es ausprobieren, wo Muskeln angespannt werden, wenn man den Körper zur Seite, nach vorn oder nach hinten neigt!). Die Hände legen wir wie eine geöffnete Schale in den Schoß, denn wir wollen ja etwas empfangen.

- Noch. wichtiger als die äußere Körperhaltung ist die völlige Stille. Wir müssen äußerlich so still werden, dass es nach und nach auch in uns ganz still wird. Denn wie man nur bei einem stillen Wasser den Grund klar und unverzerrt sehen kann, so kommt vieles unserer inneren Welt nur in solcher Stille zum Vorschein - auch das entdeckt ihr bald selbst! Das machen nicht nur wir, das tun z. B. auch die Psychologen, wenn sie autogenes Training üben - das tut ein Sportler, ehe er zum Wettkampf antritt (wie lange steht ein Schwergewichtler in sich gesammelt still, ehe er sich bückt, um das Gewicht zu ergreifen!) - ein Dirigent wartet, bis völlige Stille im Raume ist! Wer das weiß, der denkt nicht, dass wir hier etwas Ausgefallenes tun!

6.1.3. Erste Übung: Stille erleben

Nun versucht einmal etwas, was ihr in der Schule sicher noch nicht gemacht habt: Sitzt einmal eine Zeit- lang ganz still und versucht, euch an der Stille zu freuen! (... etwa 1 Minute, bis eine Unruhe einsetzt). (Wenn einer anfängt zu lachen, muss man das aufnehmen: „Seht, so ungewohnt ist uns das!“ Beim zweiten Versuch gelingt es meistens.)

Auswertung: Was habt ihr gemerkt? (Mögliche Antworten: Stille macht unruhig - Stille ist schön - In uns selbst war es nicht still.) -

6.1.4. Zweite Übung: Entspannen

Wir wollen jetzt etwas anderes dazu versuchen: Wir haben in unserem Körper Stellen, wo wir verspannt sind - das kann die Stirn sein (Falten !), der Unterkiefer (Zähneknirschen im Schlaf!), oder der Nacken. Wir stellen uns vor, dass wir selbst mit leichter Hand an unserem Körper herunterstreichen, damit sich alles entspannt. Versucht es bitte, wir sitzen wieder still dabei, wie vorhin. . . (etwa 2 Minuten).

Auswertung:

Wir erging es euch? (Mögliche Antworten: Es ging schon besser als vorhin. . .)

6.1.5. Dritte Übung: Atmen

Wir arbeiten nach dem "Baukastensystem": Jede neue Übung nimmt die vergangenen in sich auf und baut etwas Neues darauf: Wir sitzen wieder still, ent spannen uns und schauen zu, wie es in uns atmet..., dann können wir versuchen, etwa fünfmal durch den rechten Arm auszuatmen - das geht natürlich nicht anatomisch, -aber man kann es sich vorstellen - dann etwa fünfmal durch den linken Arm. . .

(Etwa drei Minuten Stille, man spürt es, ob die Kinder wirklich zur Stille gekommen sind, sind sie noch unruhig, kann man noch einmal darauf hinweisen, dass später jede Bewegung, auch die kleinste, den inneren Vorgang beeinflusst.)

Auswertung:

Was habt ihr gemerkt? (Schwere, Leichtigkeit, Geräusche wurden zum Teil nicht mehr gehört! Wenn man das lernte, so unempfindlich für Lärm zu werden!)

6.1.6. Übung der inneren Sinne

Und jetzt machen wir einmal ein kleines Spielchen - dazu brauchen wir, was wir eben geübt haben:

Jeder Mensch hat in sich so etwas wie einen Computer - einen Speicher, der im Laufe der Jahre unendlich viel Eindrücke sammelt und aufbewahrt. Wir nennen das im normalen Sprachgebrauch Gedächtnis. Aber dieses Gedächtnis kann nicht nur Vokabeln speichern, oder etwas anderes, was man mit dem Kopfe aufnimmt, sondern es speichert auch Melodien, Gefühle und ähnliches. Wir wollen nun einmal durchprobieren, ob dieser Computer in uns auch funktioniert, ob der Speicher das Gewünschte auch hergibt, wenn wir ihn dazu auffordern. - Wenn er das nicht tut, nennt man das Vergessen! Wie oft erlebt man das: „Eben wusste ich's noch - und nun ist es weg!" „Es liegt mir auf der Zunge!" Aber einfallen tut es einem erst dann wieder, wenn man es nicht mehr braucht. (Arbeiten in der Schule!). Woran liegt das? Wenn wir verkrampft sind - etwa Angst haben! -, dann funktioniert der Computer nicht gut. Je lockerer wir sind, je entspannter, desto besser funktioniert er. Deshalb setzen wir uns wieder ganz entspannt hin in Meditationshaltung - schließen die Augen - lassen die Stille in uns hinein -, und nun rufe ich einige Bilder ab, etwas, was man sehen oder hören, schmecken oder fühlen kann, und wenn es gut geht, müsstet ihr das Bild innerlich vor euch haben. Aber bitte nur das gewünschte Bild:

Übung:

- Ich sehe - ein Kätzchen, das mit einem Wollknäuel spielt...

- Ich höre - einen Schlager... -

- Ich halte in meiner Hand einen Apfel und ich fühle ihn...

- Ich rieche ihn...

- Ich beiße hinein und schmecke ihn...

Auswertung

1. Was gelang am besten? (Bei den meisten gelingt das Sehen am besten, bei manchen das Hören.)

Daran könnt ihr erkennen, was für ein Typ ihr seid - ein optischer oder ein akustischer! Das ist wichtig dafür, wie ihr am leichtesten lernt. Wer optisch veranlagt ist, muss das Buch offen vor sich sehen, er schaut die Vokabeln so lange an, bis er sie gewissermaßen in sich, in seinen Computer fotografiert hat. Dort liegt nun das Foto und kann jederzeit abgerufen werden: So kann man ganz erlaubt „abschreiben" - wer akustisch veranlagt ist, spricht die Vokabeln, und sein Computer nimmt sie auf ein Tonband auf - das könnt ihr dann in der Schule abspielen lassen!

Jeder sage bitte einmal, welche Melodie er gehört hat (.. .). Jetzt versteht ihr vielleicht, weshalb wir die Übungen in der Stille machen, jeder für sich. Hätte einer gleich seinen Schlager genannt, wären andere gar nicht dazu gekommen, ihren eigenen zu hören. Wir wollen aber doch versuchen, uns selbst kennen zu lernen!

6.1.7. Anwendung der letzten Übung

Zu unserer letzten Übung heute wollen wir uns mehr Zeit lassen: Wir denken wieder an das Baukastensystem - alles bisher Getane geht mit ein in diese Übung:

- Wir versuchen, allein in die entspannte Grundhaltung zu -kommen - ein paar kurze Erinnerungsworte können dazu helfen: Ruhe - Sammlung - Entspannen - Empfangen.

- Jetzt gehen wir einen Schritt weiter: Ich bin selbst, was ich mir vorstelle: Ich bin ein Radio - ich stelle meine Sender ein. Zuerst: Ich höre meine Mutter... (ihr könnt irgend etwas hören, was sie euch sagt, viel leicht einmalgesagt hat, vielleicht jetzt sagen würde. . . wartet, was euch einfällt). "

- Ich drehe weiter auf den nächsten Sender; das braucht viel Fingerspitzengefühl, bis man ihn eingefangen hat: Wie so ein Sender spricht Gottes Stimme leise in uns - versucht einmal, diesen Sender einzustellen (vielleicht kommt ein Bibelwort, vielleicht etwas, was ihr einmal im Unterricht gehört habt - es kann auch sein, dass es ein ganz persönliches Wort ist, was euch einfällt... wir haben Zeit, werdet nicht ungeduldig.).

Auswertung:

Schreibt auf, was euch eingefallen ist. Ich werde euch oft etwas- aufschreiben lassen, auch Sachen, die ihr nicht vorlesen müsst. Es gibt drei Möglichkeiten :

- Wer will, kann vorlesen, was er aufgeschrieben hat.

- Wer will, kann mir den Zettel geben oder auch allein mit mir sprechen. .

- Wer beides nicht will, dem schlage ich vor, das Aufgeschriebene für sich selbst aufzuheben, ihr lest es später gern einmal wieder.

Teil 7 Methodische Anregungen 2

6.2. Zweite Arbeitseinheit: Symbolmeditationen

6.2.1. Einstieg:

Ihr kennt das Spiel „Teekesselraten"! ( man muss Worte suchen, welche verschiedene Dinge bezeichnen und diese dann raten lassen - z. B. die Birne zum Essen und die Glühbirne). Wie kommt es, dass man das gleiche Wort für diese verschiedenen Dinge benutzt? (. . . die Form ist ähnlich). Unsere Sprache gebraucht oft die gleichen Worte für verschiedene Wirklichkeiten, auch dann, wenn sie auf verschiedenen Ebenen liegen. Man spricht z. B. davon, dass manchmal im Leben „Weichen gestellt“ werden. Wie kann man das verstehen? (... wörtlich - übertragen). Wir suchen jetzt weitere solche Worte oder Ausdrücke, die man doppelt verstehen kann - sowohl „wörtlich" als auch übertragen auf eine geistige Wirklichkeit. Das gibt es bei Substantiven, bei Verben, bei Adjektiven. Wir nehmen jeder zwei Zettel, auf den einen schreiben wir das Wort oder den Ausdruck im wörtlichen Sinn, auf den anderen im übertragenen Sinne. Hoffentlich finden wir recht vieles! (...) Wir lesen vor, was wir gefunden haben... Nun suchen wir für die beiden Zettel jeweils eine Überschritt (... etwa: 1. Wirklichkeiten, die man mit. den Sinnen erfassen kann - 2. Wirklichkeiten, die man durch Vergleiche deutlich machen kann),

6.2.2. Deutung und Erklärung des Begriffes "Symbol":

Es gibt geistige Wirklichkeiten, welche man am besten im Bilde „anschaulich" machen und dem anderen „nahe bringen" kann (man beachte die Bildhaftigkeit auch dieser Ausdrücke!). Solche „Bilder", welche man auf geistige Wirklichkeiten übertragen kann, nennt man Symbole - auch dann, wenn die Sprache für die geistige Wirklichkeit, welche dem Bilde entspricht, nicht das gleiche Wort gebraucht. Auf eurem ersten Zettel habt ihr selbst Symbole gefunden - schreibt „Symbole" ganz oben auf den ersten Zettel! Jetzt sage ich euch noch einige weitere Symbole, die ihr hinzufügen könnt:

Quelle - Knospe - Frucht. Versucht, ob ihr auf euren zweiten Zettel etwas schreiben könnt, was irgendwie auf der geistigen Ebene einem dieser Symbole entspricht... Schreibt als Überschrift: „Geistige Wirklichkeiten".

6.2.3. Zielangabe:

Wir können jetzt von zwei Seiten her an das Meditieren herangehen: entweder vom Symbol her oder von der geistigen Wirklichkeit her. Im ersten Falle gilt es, den Überstieg auf die geistige Wirklichkeit zu finden, im zweiten Falle, eine geistige Wirklichkeit im Bilde anschaulich zu machen. Wenn ihr das etwas geübt habt, werdet ihr merken, wie viel uns das helfen kann, um uns selbst, die Welt und auch etwas von der Wirklichkeit unseres Glaubens zu verstehen. -

6.2.4. Metaphermeditation:

Wir wollen mit dem zweiten Weg beginnen. Wir suchen ein Bild für eine geistige Wirklichkeit. Ihr habt schon gemerkt: „Bild" heißt hier alles, was man mit den fünf Sinnen erfassen kann, also nicht nur, was man sehen, sondern auch, was man hören, fühlen, schmecken oder auch riechen kann. Solch ein Bild nennt man "Metapher" .

Wir setzen uns wieder in Meditationshaltung - Stille - Entspannung - Empfang. . .

Eine Vorübung:

Wir suchen ein Bild für Frühling - Frühling ist wie... wartet, welches Bild euch einfällt (eine Minute Stille lassen - es kann kommen: ein Schneeglöckchen - ein Vogel, der singt - eine blühende Wiese. ..).

Auswertung:

Jeder sagt sein Bild. . . Euch ist das eingefallen, was euch beim Frühling am deutlichsten vor Augen steht, anders gesagt: Wenn ihr das erlebt, dann wisst ihr: Jetzt ist wirklich Frühling! Das ist so, als wenn alles, was Frühling ist, sich in solch einem Bilde sammelt!

Übung:

Wir kommen wieder zur Stille, schließen die Augen. Wir suchen ein Bild, eine Metapher für: Gott ist wie. .. (wenn sich mehrere Bilder einstellen, entscheiden wir uns für eins) und schauen es in Ruhe an. Wir bleiben dann in Meditationshaltung, der erste sagt sein Bild, das er gefunden hat (es muss ein Bild, eine Metapher sein, eine Umschreibung genügt nicht!). - Wir lassen eine kurze Pause, in der wir alle dieses genannte Bild vor uns sehen, dann beten wir gemeinsam die Worte: "Herr, wir danken dir, dass du uns lieb hast!" Dann sagt der nächste sein Bild - immer schließen wir mit diesen Worten ab. (Drei Minuten Stille. .. dann beginnt man am besten selbst;)

6.2.5. Auswertung der Metaphermeditation

Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? (... es könnte kommen: Das war schön1 - Das war gar nicht so leicht. - Dabei wird einem manches klar- ... .)

Ihr habt jetzt selbst einen Weg eingeschlagen, den die Bibel geht, wenn sie von Gott spricht. Man kann Gott nicht sehen oder hören. Aber man kann in Bildern und Vergleichen von Gott sprechen, um etwas von dem deutlich zu machen, was man sagen will.

Arbeitsaufgabe (evtl. als Hausaufgabe): Wir suchen Bilder, in welchen die Bibel von Gott spricht (Ps. 23, Ps. 91, Matth. 25, 14 ff., Matth. 25, 31 ff, Lk. 15, 11 ff)

Ist Gott nun etwa eine „Burg" (Ps. 91, 2)? (Gott schützt uns wie eine Burg;) Wir können das Bild der Burg als Symbol verwenden, weil es etwas Entsprechendes in der Wirklichkeit Gottes gibt!

Gestaltungsaufgabe (in Kursen für den Nachmittag!). Wir gestalten gemeinsam eine Wandzeitung - in der Mitte steht der Name "Gott" -, um diesen Namen kleben oder zeichnen wir die Bilder der biblischen und der von uns gefundenen Symbole mit einer kurzen erklärenden Unterschrift, etwa: Gott ist unveränderlich ie ein Berg - Gott ist besorgt um mich wie ein Vater.. .

6.2.6. Symbolmeditation:

In der Symbolmeditation gehen wir den umgekehrten Weg. Wir schauen das Symbol innerlich an - ganz lange und still, bis wir an irgendeiner Stelle den Überstieg in die geistige Wirklichkeit finden. Ich zeige es euch an einem Beispiel, wie das etwa vor sich gehen kann: Ich will meditieren über eine Weiche - das könnte etwa in folgenden Schritten geschehen:

- Ich schaue innerlich eine Weiche, sehe sie genau vor mir. .. .

- Ich komme ins Gespräch mit ihr - ich frage sie: "Wozu bist du eigentlich da? Was ist der Sinn deines Daseins?" . . . Ich warte auf Antwort...

- Jetzt komme ich selbst ins Spiel - mit meinem Leben:

Gibt es so etwas wie Weichen auch in meinem Leben? Wo?.. Was fällt mir dazu ein?..

So kann man sich mit einem Symbol richtig unterhalten, man bekommt Antworten, über die man überrascht ist.

Übung:

Das gleiche wollen wir jetzt als Symbolmeditation miteinander tun. Wir haben viel Zeit dazu, werdet nicht ungeduldig, wartet, was euch einfällt. Wir sitzen wieder still in Meditationshaltung, und wir meditieren über den Weg. (Ich erinnere noch einmal an die Schritte: den Weg schauen - fragen: Was ist der Sinn eines Weges?. . Wie sehe ich meinen Weg vor mir? - Man spricht vom Lebensweg!) - Jesus sagt: "Ich bin der Weg." Was heißt das für mich? ..) (fünf bis sieben Minuten Stille. . .).

Auswertung:

Erzählt, was ihr erlebt habt! .

Wem war die Zeit zu lang? Wem war sie zu kurz? (Wenn sich hier einige melden, kann man sagen: So können sich also einige von euch gut vorstellen, dass man 10 bis 20 Minuten so .meditieren kann.) Wer. hat laute Geräusche (nennen!) noch gehört? (Die meisten werden nichts mehr gehört haben. So unempfindlich kann man für Geräusche werden.)

6.2.7. Meditation über ein selbstgewähltes Symbol:

In der nächsten Meditation wollen wir noch einen Schritt weiter gehen. Jetzt habe ich euch noch das Symbol genannt, über das ihr meditieren sollt. Jetzt darf sich jeder selbst ein Symbol wählen, über das er meditieren will. .. (fünf Minuten Stille. . .).

Auswertung:

Nennt die Symbole, über die ihr meditiert habt!... So kann man über fast alle Dinge unseres täglichen Lebens meditieren. Wer das gelernt hat; dem wird die Welt reich und schön - und Langeweile gibt es dann nicht einmal mehr, wenn man warten muss oder krank ist.

Schlussbemerkung:

Es ist wichtig, dass man hier gleich die "Weichen" richtig stellt: Im Sprechen über das, was man bei der Meditation erfahren hat, lernt es der junge Mensch, sich über innere Vorgänge zu äußern, man kann im weiterführenden Gespräch bei dem Erlebten anknüpfen, und die Kinder hören sehr wach zu bei dem, was der andere berichtet. Daneben muss es aber auch Meditationen geben, über die man nicht weiter spricht - daran wird deutlich, dass der Sinn des Meditierens im Tun selbst liegt, nicht im Gespräch darüber. Deshalb wird man gerade bei Meditationen, die sehr stark in die persönliche Sphäre hinein reichen, gern auf die Auswertung im Gespräch verzichten.

Teil 8 - Methodische Angebote 3

6.3. Dritte Arbeitseinheit: Meditation eines Menschen

6.3.1. Einstieg:

Wir beginnen heute noch einmal mit einer Symbolmeditation. Zu Beginn wie immer stellen wir uns ein auf:

- Meditationshaltung - Sammlung - Stille - Tiefe - Empfang. Erst nach einiger Zeit nenne ich das Thema;

Ich schaue - einen Spiegel. (Wir denken wieder an die Schritte: Ich schaue den Spiegel an - ich frage: Wozu bist du da? Was bedeutest du für mich? . . . Gibt es das auch sonst im Leben?...)

Auswertung:

Wir lassen erzählen, was den einzelnen eingefallen ist und ergänzen Fehlendes:

- Im Spiegel erkenne ich mich selbst

- im Spiegel sehe ich, was an mir nicht in Ordnung ist.

- Ein Spiegel muss klar sein,

- ein Spiegel muss gerade sein, sonst ist das Bild verzerrt.

Manchmal kann ein Mensch für mich ein Spiegel sein,

- ein Kind kann das Spiegelbild eines Elternteiles sein - äußerlich, aber auch innerlich

- eine Klasse spiegelt manchmal den Lehrer wider... usw.

Auch solch ein menschlicher "Spiegel" kann klar oder trübe, gerade oder verzerrt sein!

6.3.2. Anschauen der Handlungen eines Menschen:

6.3.2.1. Wir wollen wieder ein kleines Schreibspiel machen: Denkt an eure Mutter - wie vieles hat sie im Haushalt zu tun, oft neben ihrem Beruf. Vieles von dem, was sie nach Feierabend tut, tun andere Menschen in ihrem Hauptberuf. Alle diese Berufe übt sie gewissermaßen noch neben ihrem richtigen Beruf aus. Überlegt und schreibt auf, welche Berufe das etwa sein könnten... (Als Hilfe kann man sagen: Beim Vater wäre es vielleicht der Beruf des Malers, Tischlers, Installateurs . ..) Wir tragen zusammen, was wir gefunden haben. . . So viele Berufe kann kein Mensch lernen, aber eines ist möglich: Man kann sich anschauen, wie die Leute es tun, welche das richtig gelernt haben, um von ihnen zu lernen. - Denkt an unsere Meditation: Ich kann in meinem Tun das Tun eines anderen Menschen spiegeln: Vielleicht können wir sogar Einzelheiten unserer Meditation hier anwenden!? (... Ich kann sehen, was ich falsch mache, was ich richtig mache, ich muss mich ganz dem anderen zuwenden, sonst wird das Bild verzerrt.)

6.3.2.2. Stellt euch vor: Eine Mutter hatte noch nie ein Kind, das ernsthaft krank war. Eines Tages erkrankt eines ihrer Kinder lebensgefährlich. - Die ganze Nacht sitzt sie am Bett, sorgend und helfend. Am nächsten Morgen begegnet ihr eine Krankenschwester, die aus der Nachtwache kommt. Sie ist ihr früher schon oft begegnet - heute sieht sie sie ganz anders!? (...) Wenn ich tue, was der andere tut, fange ich an, ihn neu zu verstehen. Deshalb ist in den kleinen Kindern etwas, was wir als Nachahmungstrieb bezeichnen: Die Kinder machen nach, was sie von den Eltern sehen - und daran lernen sie!

6.3.2.3. Das ist ganz wichtig für unser Christsein: Je mehr wir tun, was Jesus getan hat, desto ähnlicher werden wir ihm und desto besser lernen wir ihn kennen! Spiegelbilder Jesu sollten wir sein!

6.3.3. Meditieren der Eigenschaften eines Menschen

In den Handlungen eines Menschen zeigt sich wie in einem Spiegel das, was in ihm ist. Wir sind umgeben von Menschen, welche uns entweder gefallen oder auch nicht. An die sympathischen halten wir uns, von den anderen sondern wir uns gern ab. Ich möchte euch heute einen Weg zeigen, wie man selbst durch jeden Menschen innerlich wachsen kann.

Wir meditieren: Ich schaue nacheinander zwei Menschen an: einen, der mir sympathisch ist, und einen, der mir nicht gefällt. Ich frage mich in der Meditation: Weshalb gefällt mir dieser Mensch? Welche Eigenschaften hat er? Sind sie auch in mir vorhanden? Was kann ich tun, um sie wachsen zu lassen?.. Und dann frage ich mich ebenso im Blick auf den unsympathischen Menschen: Welche Eigenschaften hat er, die mir nicht gefallen?~ Könnte es sein, dass ich sie auch in mir habe - ansatzweise? Wie kann ich sie überwinden?.. Wo muss ich bei mir aufpassen? (Fünf Minuten Stille..)
Auswertung: -

Wie viel unnütze Kräfte verbraucht jeder Mensch, um sich über Fehler und Schwächen anderer Menschen aufzuregen! Damit ist niemandem gedient! Wenn ich sie aber dazu nütze, um wie in einem Spiegel meine eigenen Gefahren zu erkennen, dann gibt es keinen Menschen mehr, an dem ich nicht wachsen könnte!

- Einen Menschen, der mir gefällt, kann ich so lange anschauen, bis er mir zum Spiegel wird, in dem ich mich selbst erkenne: So bin .ich - so möchte ich sein!

- Wer kann sich denken, weshalb wir im kirchlichen Unterricht über biblische Gestalten und christliche Lebensbilder sprechen? (... sie sind uns Spiegel für unser Leben als Christen - sie selbst spiegeln besonders klar das Bild Jesu wider!)

- Wir schauen als Menschen täglich in den Spiegel - sollten wir als Christen nicht auch wenigstens einmal am Tage in den Spiegel schauen, der uns zeigt, wie wir als Christen sind und wie wir sein sollten: Dieser Spiegel ist Christus. Dazu üben wir das Meditieren.

6.3.4. Meditieren der Schicksale eines anderen Menschen

Ihr geht sicher gern ins Kino - oder ihr seht euch gern Spielfilme im Fernsehen an und lest gern Erzählungen. Wie kommt es eigentlich, dass man plötzlich manchmal die Tränen nicht mehr zurückhalten kann? Oder wie kommt es, dass man an einer anderen Stelle plötzlich in die Höhe springen möchte vor Freude? Was geht mich das Schicksal dieses Menschen an, den ich noch nie gesehen habe, den es vielleicht gar nicht gibt? - Beantwortet diese Fragen bitte schriftlich... (Mögliche Ergebnisse: Ich erlebe alles mit - ich bin beim Lesen selbst dieser Mensch - es geht mich an, als ob es mich beträfe...)

Jetzt habt ihr ein wichtiges Gesetz für euer inneres Leben entdeckt (auch unser inneres Leben hat solche Gesetze, leider kennen wir sie viel zuwenig): Ich kann mich so in einen anderen Menschen hineinversetzen, dass sein Erleben zu einem Stück meines eigenen Lebens wird! So groß ist unsere menschliche Seele, dass das möglich ist! Welches Geschenk z. B. für einen kranken Menschen, dem vieles im Leben versagt ist - durch Lesen öffnet sich ihm eine verschlossene Welt!

Abschlussmeditation:

Wir versuchen, in der Meditation ein Stück neben Jesus zu gehen, mit ihm zu erleben, was er erlebt hat. Jedem kann etwas anderes einfallen... (drei Minuten Stille).


7.4. Vierte Arbeitseinheit: Wortmeditation

7.4.1. Hinführende Meditation

- Heute wollen wir wieder einen Schritt weiter gehen. - Man könnte alles, was wir in den letzten Stunden getan haben, viel ausführlicher tun, aber wir wollen jetzt erst einmal recht viele Möglichkeiten des Meditierens kennen lernen.

- Wir beginnen wieder mit einer kurzen Meditation, die uns dann weiterführt: Ich stelle mir vor, ich sei noch ganz klein, ein Kind im ersten Lebensjahr (im Traume geht so etwas - wir versuchen es jetzt bewusst zu tun). Was habe ich damals erlebt? Was habe ich damals für mein Leben gelernt? (... Drei Minuten Stille.)

7.4.2. Auswertung:

- Berichten lassen...

- Ein Kind sieht in jedem Ereignis das Ganze: Ich werde liebgehabt. Hat es liebe Menschen um sich, gewinnt es Vertrauen zu den Menschen usw. Wenn es gestraft wird, lernt es: Jedes Unrecht zieht eine Strafe nach sich...

- Das Kind fasst solche Erkenntnisse noch nicht in Worte, das geschieht erst später.

Etwas ganz Ähnliches geschieht, wo sich Sprichwörter bilden.

7.4.3. Sprichwortmeditation

Wir sind wieder eine kurze Zeit still, gesammelt - und lassen uns ein Sprichwort einfallen.

Schreibt auf, was euch eingefallen ist -lest es bitte vor. (Jeder kann dann einmal für sich überlegen, wes- halb ihm gerade dieses Sprichwort eingefallen sein könnte.. ., so lernt man sich kennen.) Welches davon gefällt euch am besten? Wir entscheiden uns für eins. (Es soll positiv sein!)

Jetzt stellt euch vor, wir wollten einen Familiengottesdienst unter dieses Thema stellen. Da beginnt man oft mit .einer kleinen Spielszene. Schreibt einmal jeder auf, wie man zu diesem Wort eine kleine Szene gestalten könnte... (kurz, fünf bis zehn Sätze!). Denkt erst ruhig darüber nach... (bei größeren Gruppen ist Gruppenarbeit möglich). .

7.4.4.Auswertung: 

- Jedem von euch ist etwas anderes eingefallen! Ein gleiches Wort - aber jedem hat es etwas anderes gesagt! Und wenn wir hier 100 junge Menschen wären, so hätten sicher nicht zwei von ihnen genau das gleiche geschrieben. Solch ein Wort ist wie ein Tor, wenn man es öffnet, sieht man viele Wege, welche man gehen kann! Man könnte sagen: Hinter dem Tor finde ich einen Weg für mich ganz persönlich!
 

- Noch etwas anderes: Wie kam es wohl dazu, dass sich Sprichwörter bildeten? (...) Wir nehmen das Gesagte auf und fassen es zusammen: Ein Mensch erlebt so etwas - wie ihr es gespielt habt. Er fasst das Erlebte in einem Satz zusammen, der so formuliert ist, dass er auch auf andere, entsprechende (!) Erfahrungen anwendbar ist. Viele Menschen - jeder anders - erleben nun in ihrem Leben, dass diese Wahrheit stimmt, dass das Sprichwort stimmt. So wird es Allgemeingut! So lernt man durch das Leben für das Leben. (Wer Lust hat, kann zu Hause einmal die Sprüche Salomos lesen - dort hat ein Mensch aufgezeichnet, was er durch das Leben gelernt hat, damit es anderen zugute kommt.)

- Nun gibt es aber auch Sprichwörter, die sich zu widersprechen scheinen. Kennt ihr solche? (.:. Not lehrt beten. Not lehrt fluchen.) Was stimmt nun? (...?) Im Leben gibt es beides. Beides ist Wahrheit! Jetzt habt ihr wieder etwas ganz Wichtiges entdeckt: Wahrheit ist nicht nur etwas, was man mathematisch beweisen kann. Das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die Wahrheit, der wir im Leben und vor allem in unserem Leben mit Gott begegnen, ist viel weiter, viel tiefer - sie kann sogar, das habt ihr jetzt selbst gemerkt, Gegensätze einschließen! Denkt darüber noch einmal nach - (. . .).

7.4.5. Worte zum Meditieren selbst formulieren

Jetzt kommt das Wichtigste: Wir können selbst solche Wahrheiten finden! Wenn wir sie in Sätze fassen, entsteht so etwas wie ein Sprichwort. Man erlebt irgend etwas - aber dann geht man nicht gleich zum nächsten über, sondern man hält still, schaut das an, was man erlebt hat und wartet, ob einem etwas einfällt, was man daraus für sein Leben lernen kann. Wir wollen das einmal versuchen - ihr werdet selbst erstaunt sein, was ihr könnt!

(An einem Beispiel will ich es noch einmal zeigen. Thema: "Ein Weg durch die Wüste." Man stellt es sich anschaulich vor, wie man selbst durch die Wüste wandert -, man fühlt den Sand unter den Füßen, die Sonnenhitze, den Durst, die Freude über das Wasser, die Sehnsucht nach der Oase... und man könnte etwa folgende Sätze finden: „Wenn das Wasser selten ist, schätzt man es besonders!" Oder noch allgemeiner: „Was einem fehlt, erkennt man als Reichtum!" „Was man in Fülle hat, beachtet man nicht!" „Man muss die Oasen kennen!" „Wenn die Sonne heiß brennt, sucht man nach Schatten!" . . .)
 

Wir wollen das jetzt gemeinsam üben unter dem Thema: Eine Wanderung durch das Gebirge. Wir sitzen wieder still und gesammelt und erleben innerlich so eine Wanderung. Aber wir machen Pausen und über- legen solche Wahrheiten, die uns diese Wanderung für unser Leben lehren kann. Wer etwas gefunden hat, kann es still aufschreiben, aber bitte so leise wie möglich, um niemanden zu stören. (10 Minuten Stille. . .)

7.4.6. Auswertung

7.4.6.1. Wir lesen vor, was wir gefunden haben. Bei jedem Satz fragen wir uns: Gibt es das - übertragen - auch im Leben? - in meinem Leben?.. Ihr merkt, hier muss man Pausen lassen, ehe man weiter liest, ihr habt auch viel Stoff, um zu Hause weiter darüber nachzudenken! Schreibt euch auf, was die anderen gefunden haben.. .

7.4.6.2. Wer das gelernt hat, für den kann keine Wanderung mehr langweilig sein! Das geht aber nun nicht nur beim Wandern, das kann man auch tun, wenn man mit der Straßenbahn fährt. Da gibt es z. B. Verkehrszeichen -, gibt es so etwas auch im Leben? - und viele andere Möglichkeiten.

7.4.7. Übungsmöglichkeiten

7.4.7.1. Ich teile an jeden Konfirmanden ein Urania- (wissenschaftliche Zeitschrift mit farbigen Bildern aus allen Wissenschaftsgebieten) aus. Sucht aus eurem Heft ein Bild aus, von dem ihr denkt, das könnte man auf eine Lebenswirklichkeit übertragen. Findet einen Satz, der - von dem Bilde ausgehend - eine Lebenswahrheit aussagt... (fünf Minuten! Zeit lassen). Jetzt zeigt uns jeder sein Bild und sagt den Satz dazu... !

7.4.7.2. Wir bringen von zu Hause Fotos oder Dias mit von Wanderungen und schreiben solch einen Satz unter jedes Bild. In der nächsten Stunde machen wir eine Dia - Stunde, die ihr auf diese Weise selbst gestaltet. Wenn es gut wird, können wir das im nächsten Gemeindeabend der Gemeinde vorführen oder auch im nächsten Familiengottesdienst. :

7.4.7.3. Wir sammeln Bergbilder, die zu unseren Sätzen passen könnten, kleben jedes auf eine Seite, schreiben den Satz darunter und haben ein schönes Geschenk für die Eltern!

Teil 8 - Methodische Angebote 5 

8.5. Fünfte Arbeitseinheit: Biblische Meditationen

Vorbemerkung:

Über biblische Meditationen müsste man einen gesonderten Kurs halten. In diesem Zusammenhang soll lediglich an einem Beispiel eines biblischen Textes gezeigt werden, wie man die erarbeiteten Grundelemente für die biblische Arbeit fruchtbar machen kann. Ebenso: könnte man mit diesen Grundsteinen einen Kurs über Fragen des geistlichen Lebens gestalten. :

8.5.1. Einführung

Was wir in der letzten Zeit erarbeitet haben, wollen wir heute alles an einem biblischen Text anwenden.

8.5.2. Lesung

Während ich euch den Text langsam vorlese, schließt bitte die Augen und versucht, das, was ich lese, so lebendig als möglich vor euch zu sehen und zu hören, fühlt euch hinein in die Menschen, von denen da berichtet wird!

Lesen: Markus 4, 35-41: Stillung des Sturmes.

8.5.3. Symbole suchen

Schlagt selbst den Text auf und schreibt auf, welche Worte sich als Symbole eigneten, über die man meditieren könnte. . . (Abend - Schiff - Wind oder Sturm - schlafen - erschrecken - wecken - schweigen - Stille nach dem Sturm)

8.5.4. Meditation

Wir könnten jeder über ein anderes eurer gefundenen Symbole meditieren, ich schlage vor, gemeinsam über das Wort zu meditieren, was man als Überschrift über diesen Abschnitt setzen könnte: Sturm! (Wir erinnern uns an die üblichen Schritte der Symbolmeditation: Miterleben - nach dem Sinn oder der Wirkung fragen - überstieg in die geistige Wirklichkeit: Wo gibt es Stürme im Leben - in meinem Leben - im Leben der Kirche? ..) (Sieben Minuten Stille...)

8.5.5. Auswertung

Wir lassen uns berichten...

8.5.6. Schriftliche Meditationsvorbereitung

Wir hätten ebenso über die bei den Worte schlafen (Jesus) und erschrecken (Jünger) meditieren können. Das wollen wir jetzt schriftlich versuchen:

Überlegt und schreibt auf:

- Welche Bedingungen braucht der Mensch, um schlafen zu können? (...)

- Welche Bedingungen sind bei Jesus erfüllt? (. . .)

- Wie ist es möglich, dass er dennoch schlafen kann? (Man kann innerlich ruhig sein und ohne Angst -).

8.5.7. Gestaltende Meditationsvorbereitung

Was man tut, versteht man besser! Das kann man auch zum Verstehen eines biblischen Textes anwenden. Versucht, das Erschrecken der Jünger ohne Worte, rein mimisch, so darzustellen, dass es auch ein kleines Kind verstehen könnte!...

8.5.8. Einfühlende Meditation

Wir wollen jetzt die Menschen meditieren, welche uns hier vorgestellt werden -, ich schaue die erschrockenen Jünger an: Gleiche ich ihnen?...Ich schaue den schlafenden Jesus an: So ruhig kann man werden! -...in allen Stürmen! (Vier Minuten Stille...)

8.5.9. Auswertung

8.5.9.1. Wenn ich etwas lange mit innerer Anteilnahme anschaue, dann geschieht in mir etwas Ähnliches wie in einem Film, den man belichtet: Das Bild prägt sich in mir ein. Vielleicht habt ihr selbst schon gemerkt, dass bei einigen Meditationen Bilder aus früheren Meditationen wieder auftauchten, die zur Verfügung standen. Was man meditiert hat, geht viel weniger verloren, als was man nur mit dem Verstande aufgenommen hat. Bei unserer zunehmenden Vergesslichkeit kann das einmal ganz wichtig werden!

8.5.9.2. Aber das Meditierte haftet nicht nur länger, sondern es wirkt aus einer viel größeren Tiefe. Das Markusevangelium wurde niedergeschrieben in einer Zeit, als die ersten heftigen Stürme die junge Christengemeinde umbrandeten. Viele der Christen hatten Angst. - Was soll aus uns werden? Wir verderben! Wenn man so richtig Angst hat, dann wirkt es gar nicht viel, wenn einem einer sagt: „Du brauchst doch keine Angst zu haben!“ Denn dieses Wort wendet sich an den Kopf, die Angst aber sitzt viel tiefer! Solch eine Erzählung wendet sich nicht an den Kopf, sie wurde den damaligen Christen als Trost aufgeschrieben: Schaut diesen Jesus an, wie er mitten im Sturm schlafen kann:, weil er Gewalt hat über alle Stürme. Meditiert diesen schlafenden Jesus - meditiert, wie auf sein Wort hin die große m Stille eintritt - schaut diese Bilder so lange innerlich an, bis sie sich ganz tief in euch eingeprägt haben. Von dort her könnt ihr Angst überwinden!

8.5.10. Wortmeditation

Nun wollen wir noch einen letzten Schritt gehen:

Denkt an unsere Übung, über die Bergwanderung, wo wir sprichwortähnliche Sätze gebildet hatten. Solche Sätze könnte man auch aus unserem Text herausfinden. Dabei wird es sich um Wahrheiten handeln, die für das Leben eines Christen unter Gottes Führung gültig sind - also Wahrheiten, die man aus diesem Text erkennt, die aber weit ~ über diesen Text hinaus in unserem Leben mit Gott Gültigkeit haben.

Schreibt auf, was euch einfällt!. ..

(... Es könnte etwa kommen: „Jesus ist auch im Sturm bei uns“ - „Jesus hat Gewalt über alle Stürme“ - „Jesus ist anders als seine Jünger“ „Wer Angst hat, hat kleinen Glauben!“ „Die Kirche geht nicht unter“ „Die Kirche ist wie ein Schiff auf dem Meere.)

8.5.11. Anlegen eines Heftes

Was wir jetzt gemeinsam gefunden haben, ist zu wichtig, um im Papierkorb zu. landen. Wenn ihr einmal mitten in einen „Sturm" geratet, dann können euch diese Sätze viel helfen - vor allem die, die ihr selbst gefunden habt (weil das Meditierte tief in uns eingeprägt ist!). Was wir heute getan haben, ist mit fast allen Texten der Bibel möglich. Immer geht es um ein anderes Thema. Auf viele unserer Lebensfragen - vielleicht auf alle! - gibt es auf diese Weise Antworten in der Bibel und, das habt ihr heute selbst gelernt, ihr könnt diese Antworten selbst finden. Hebt diese Funde auf - ihr braucht sie wieder! Legt euch ein Heftchen an, wo ihr diese Ergebnisse eures Meditierens hinein schreibt!

8.5.12. Schlusslied als Meditation

Viele unserer Lieder sind Meditationen. Wir singen: "Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit...“

Anlage

Einladung zu einem Meditationskurs

In einem kleinen Dorf in der Sächsischen Schweiz trafen sich viele Jahren lang mehrmals im Jahre Kinder im Konfirmandenalter zu einem Meditationskurs. Sie kamen aus ganz Sachsen zusammen und vom noch weiter her.

Am ersten Nachmittag - nach dem Kaffee - sitzen dann alle im großen Kreis zusammen, und der Pfarrer fragt sie, weshalb sie gekommen sind. „Wir sind hier, um innerlich zur Stille zu kommen", kam als eine Antwort.

Geht das überhaupt bei einer Schar von 45 Mädchen oder gar Jungen? Am zweiten Tag bereits geschah das, was man kaum glaubte, hätte man es nicht miterlebt: Eine Aufgabe wurde gestellt. Fünf Minuten lang saßen die Kinder mit geschlossenen Augen auf ihren Stühlen, keines bewegte sich, man hörte keinen Laut in dem Raume, selbst nicht die kleinen Geräusche, die entstehen, wenn Stoff aneinander reibt, weil man seinen Arm bewegt. Nach fünf Minuten wurde die Übung abgeschlossen, jeder durfte sich wieder bewegen, und wir sprachen wieder. Da erlebte ich wieder zwei Dinge, die ich vorher nicht für möglich gehalten hätte:

Der Pfarrer fragte nach Abschluss der Übung: Wer von euch hätte es noch länger ausgehalten? Da meldeten sich über die Hälfte der Kinder. Und schon am nächsten Tag konnten wir fast 10 Minuten still sein, ohne dass jemand unruhig geworden wäre.

Das zweite war fast noch erstaunlicher: Der Pfarrer meinte: Sicher hat euch das laute Sprechen im Nebenzimmer jetzt tüchtig gestört - ich konnte es leider nicht abstellen! Da ging ein völlig verwundertes Fragen durch die Reihen: „Gespräch im Nebenzimmer???" Obwohl es so absolut still gewesen war im Raume, hatten von den fast 50 Personen nur etwa 10 das Geräusch überhaupt gehört!

Als ich das in unserer Gemeinde einigen Müttern erzählte, meinte eine: Das klingt ja fast wie Zauberei! Nun, ich kann Sie beruhigen: Zauberei war nicht dabei. Das Geheimnis liegt an einer anderen Stelle: Die Kinder bekamen für die Übungen Aufgaben, die sie derartig fesselten, dass es ihnen gar keine Mühe machte, still zu sitzen, und sie viel zu sehr bei der Sache waren, um auf etwas anderes zu achten! (Wenn ihr solch richtig spannendes Buch lest, dann hört ihr auch nicht, wenn euch jemand anspricht - und dann fällt es euch gar nicht schwer, stillzusitzen.)

Was aber waren das für Aufgaben? Ein wichtiges Ziel solcher Tage ist es, den Kindern etwas davon zu zeigen, wie es in ihnen selbst, in ihrer inneren Welt aus sieht. Man kennt so viele andere Menschen, man lernt in der Schule unendlich viel von dem, wie die Welt beschaffen ist und was in ihr geschieht, aber wer kennt sich eigentlich selbst? Die Entdeckungsreise in dieses Land kann so spannend sein, man kann da so viel völlig Unerwartetes entdecken, dass einem 5 oder gar 10 Minuten vergehen, ohne dass man es überhaupt merkt. Und gerade in eurem Alter erwacht ja die innere Welt ganz stark - ihr seid manchmal traurig und wisst nicht warum - oder froh - oder ihr habt Fragen, die ihr aber nicht recht aussprechen könnt, ihr sehnt euch nach einem Menschen, der euch wirklich versteht. Nicht wahr, solche Dinge gibt es, gerade in eurem Alter.

Und noch etwas erlebte ich in diesen Tagen. Am ersten Morgen war ein Gottesdienst, die nächsten Tage begannen früh mit einer Morgenandacht, und dann schloss der Kursus wieder ab mit einem Gottesdienst. Am ersten Morgen 'war es in der Kirche so, wie wir es auch bei uns erleben: Man kam herein, ging an einen. Platz, hier und da wurde ein kurzes leises Wort gesprochen - viele warteten, dass der Gottesdienst bald zu Ende sein möge. Von Tag zu Tag wurde es bei der Andacht stiller in der Kirche. Niemand ermahnte die Kinder: Seid doch nun endlich ruhig. Das wurde ganz von allein - und dabei kam es ihnen vor, als würde der Gottesdienst immer kürzer. Sie erlebten etwas ganz Wichtiges: In solcher Stille redet nicht nur der Pfarrer da vorn, da spürt man selbst etwas von Gottes Nähe. Und mit einem Mal ist der Gottesdienst überhaupt nicht mehr langweilig, ganz im Gegenteil! Nach der letzten Morgenandacht fragte mich ein Mädchen: "Wie lange waren wir eigentlich in der Kirche?" Ich sah nach der Uhr: „35 Minuten." „Nein! Das ist doch gar nicht möglich. Mir kam es vor wie höchstens 10 Minuten !"


 

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