Gottes Liebe, die nicht nur etwas, sondern letztlich immer sich selbst schenken möchte, die sich danach sehnt, dies zu tun, meint mich. An mir liegt es, ihm diese Möglichkeit zu geben, und das heißt ganz einfach: An mir liegt es, ob ich mich von ihm lieben und beschenken lasse. Wo ich dazu bereit bin - in Meister Eckeharts Ausdrucksweise hieße das: wo ich mich mehr und mehr für Gott leer mache -, da "kann" Gott gar nicht anders, als diese Leere zu erfüllen; da "muß" er mich mit sich selbst beschenken. Seine Liebe läßt ihm keine andere Wahl. Meister Eckehart versucht immer wieder, das eigentlich Unsagbare in Worte zu fassen, indem er es bis ins letzte zuspitzt. So kann er sagen: "Ein Heiliger sagt von einer Gott-liebenden Seele, dass sie Gott zwingt zu allem, was sie will, und ihn vollends betört, so dass er ihr nichts von allem dem versagen kann, was er ist" (241,29ff). Horchen wir uns ein wenig in diese Worte ein: "Gott-liebend" ist für Meister Eckehart eine Seele, welche ihren eigenen Willen vollends aufgegeben hat und nichts anderes will, als was Gott will. (Liebe und Willen - wie schon gesagt - sind bei Meister Eckehart oft austauschbar ) Wo der Mensch das will, was Gott will und nichts anderes, da "muß" Gott für den Menschen wollen, was immer für ihn das Beste ist: "denn wenn einer für sich selbst nichts will, für den muß Gott in gleicher Weise wollen wie für sich selbst... Wo ich nichts für mich will, da will Gott für mich" (53,20ff). Und wenn Meister Eckehart sagt, der Mensch vermöge Gott zu "zwingen" - so meint das nichts anderes als dass es "naturnotwendig" zu Gott gehört, sich in Liebe verschenken zu müssen - in dem Maße, wie der Mensch die Hindernisse wegräumt, die sich Gott in den Weg stellen. Denn Gott läßt sich in seiner Liebe zum Menschen "betören"!
"Wo ich nichts für mich will, da will Gott für mich."
"Wenn ihr in mir bleibet und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren" (Joh 15,7).
Nicht nur einmal habe ich es erlebt, dass mir Gott Wünsche erfüllt hat, ehe ich sie überhaupt zu denken, geschweige denn auszusprechen gewagt hatte. Oft ist es mir erst im nachhinein deutlich geworden, was da geschehen ist... Vielleicht wäre es gut, einmal mit dieser Frage in das eigene Leben hineinzuspüren: Kenne ich das auch in irgendeiner Form?...
- Mein Gott, der sich danach sehnt, mir jeden echten Wunsch erfüllen zu können -
"Ich lasse mich" - "von dir beschenken"...
Wenn ich bei der ersten Wortfolge einatme, werde ich ganz offen für Gott. Beim Ausatmen lasse ich, was ich empfangen habe, in meine innerste Mitte sinken.
"Wenn einer für sich selbst nichts will, für den muß Gott in gleicher Weise wollen wie für sich selbst... Wo ich nichts für mich will, da will Gott für mich. Nun gib acht! Was will er denn für mich, wenn ich nichts für mich will? Darin, wo ich von meinem Ich (meinem Willen, meiner Eigenliebe) lasse, da muß er für mich notwendig alles das wollen, was er für sich selbst will, nicht weniger noch mehr, und in derselben Weise, mit der er für sich will" (53,20f; 54,2ff).