10.5. Wenn ich deine Geburt in mir geschehen lasse,
fördert mich, was mir zuvor Hindernis war

Hinführung:
Schon als Kind hat es mich zum Staunen gebracht - und eigentlich ist dieses Staunen noch immer in mir: dass sowohl die positiven als auch die negativen Zahlen in das gleiche Zeichen der Unendlichkeit münden. Viel später erlebte ich dann an ganz anderer Stelle etwas Ähnliches: Ich lernte katholische Priester kennen, die tieferen Einblick in die Chancen und die Nöte des Ehelebens hatten als viele verheiratete Christen. - Und andererseits wurde mir mehr und mehr deutlich, dass es "Christen in der Welt" gibt, welche ein Leben der Nachfolge Christi führen, das an Konsequenz dem Leben mancher Ordensleute gleichwertig, manchmal vielleicht sogar überlegen sein könnte. War es etwa eine unerfüllte, aber zugleich angenommene und bejahte Sehnsucht, welche diesen Menschen solche Erkenntnis und Kraft verlieh? Da wuchs in mir die Ahnung: Erfüllung und Sehnsucht - es sind nur zwei verschiedene Wege zum gleichen Ziel!... Sowohl erfüllte Wünsche als auch unerfüllte Sehnsüchte können mir meinen Weg zu Gott blockieren - aber sie können ihn mir ebenso auch öffnen!

Meister Eckehart wird gefragt, woran der Mensch erkennen könne, ob die "Gottesgeburt" in ihm schon geschehen sei. Da nennt er als ein wichtiges Kriterium: "Wenn diese Geburt wirklich geschehen ist, dann können dich alle Kreaturen nicht mehr hindern; sie weisen dich vielmehr alle zu Gott und zu dieser Geburt... ja, in allem, was du siehst und hörst, was es auch sei, ...kannst du nichts anderes aufnehmen als diese Geburt" (437,16ff;29ff).

Meditationswort:
"Was dir vorher ein Hindernis war, das fördert dich nun" (437,27f).
Bildhafte Hinführung:
Ein Berg versperrt mir die Sicht, wenn ich davor stehe. Habe ich ihn bestiegen, erweitert er meine Sicht.
Biblische Grundlage:
Ich meditiere eine der Seligpreisungen Jesu (Mt 5,3ff).
Wiederholungsgebet:
- Mein Gott, in dem meine Sehnsucht die Möglichkeit berührt, für alles, was geschieht, danken zu können -
Kontemplation:
Ich suche die Tiefe in mir, in welcher Sehnsucht und Erfüllung noch eine unteilbare Einheit sind...
Vollständiger Text:
"Nun könntest du sagen: Je nun, Herr, Ihr meint immerzu, es müsse dahin kommen, dass in mir diese Geburt geschehe... Könnte ich dafür ein Zeichen haben, woran ich erkennen könnte, dass es (wirklich) geschehen wäre?... Ja, in der Tat! Wenn diese Geburt wirklich geschehen ist, dann können dich alle Kreaturen nicht mehr hindern; sie weisen dich vielmehr alle zu Gott und zu dieser Geburt... Ja, was dir vorher ein Hindernis war, das fördert dich nun zumal... ja, in allem, was du siehst und hörst, was es auch sei... kannst du nichts anderes aufnehmen als diese Geburt; ja, alle Dinge werden dir lauter Gott, denn in allen Dingen hast du nichts im Auge als nurmehr Gott. Recht, wie wenn ein Mensch die Sonne lange ansähe: was er danach ansähe, darin erschiene das Bild der Sonne" (437,9ff.27ff).

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