5.1. Wo ich meine Ich-Bindung an bestimmte Orte und Zeiten loslasse,
kann ich üben, dich, meinen Gott, an allen Orten und zu jeder Zeit zu finden

Hinführung:
Manche Worte werden uns in dieser Woche begegnen, die Meister Eckehart in einem bestimmten Zusammenhang sagt - die aber in ihrer Bedeutung auf alle anderen Bereiche übertragbar sind. Eines davon ist das Wort: "Achte darauf, wie du deinem Gott zugekehrt bist, wenn du in der Kirche bist oder in der Zelle: diese selbe Gestimmtheit behalte und trage sie unter die Menge und in die Unruhe und in die Ungleichheit" (59,23ff). Es geht nicht um eine Minimal-, sondern um eine Maximalforderung: Achte auf deine Offenheit für Gott, wie sie an bestimmten Orten oder bestimmten Dingen gegenüber da ist, wo dir Gott besonders nahe erschien. Und dann versuche, in dieser inneren Nähe und Offenheit zu bleiben, wohin du auch gehst. Gott ist ja überall "gleich nahe", wenn anders er wirklich Gott ist... Halte ich mich aber mit meiner Sehnsucht, mit meinen Wünschen und Emotionen an dem "Ort" fest, wo ich Gott erlebte, so bin ich hier und jetzt nicht bereit für ihn. Und wenn ich an den Ort zurückkehre, wo er "war", und ich meine, ihn dort ebenso wiederfinden zu können, dann hat dieser "Ort" oft seine Transparenz für Gott verloren. Das ist nicht nur im Blick auf Orte gesagt. Das gleiche gilt für die Zeiten, in denen mir Gott besonders nahe schien. Eines der Hauptanliegen bei der Einführung in Exerzitienkurse liegt darin, dass die Teilnehmer nicht dieses Mal etwas erwarten, was dem gleicht, was sie bei früheren Kursen erlebten. Damit würden sie sich gegenüber dem Neuen verschließen, das Gott an dieser Stelle und in diesen Tagen für sie bereit hält.
Meditationswort:
"Gott ist ein Gott der Gegenwart" (72,14).
Lebensmeditation:
Als ich vor einigen Jahren in Österreich auf einer Vortragsreise ständig unterwegs war, wusste ich sehr bald, dass ich die vielen Ortswechsel nur dann verkraften würde, wenn ich überall in mir selbst zu Hause sein könnte. Das war das Entscheidende!... Sagt Gott vielleicht auch manchmal zu mir: "Ich wollte dich besuchen, aber du warst nicht zu Hause"...? Das Zu-Hause-Sein in mir selbst lässt mich an jedem Ort Gott erwarten...
Biblische Grundlage:
"Steige ich hinauf in den Himmel, so bist du dort; bettete ich mich in der Unterwelt, bist du zugegen..." (Ps 139,8).
Wiederholungsgebet:
- Mein Gott, der du mir hier ebenso nahe bist, wie du mir damals in ... nahe warst -
Kontemplation:
Ich öffne mich jetzt und hier in der gleichen Weise vor Gott, wie ich für ihn offen war, als ich einmal seine besondere Nähe spürte - ich lasse den damaligen Raum und die Stunde wieder in mir lebendig werden, kehre dann aber bewusst ins "Nun" zurück - und verweile in dieser Offenheit: "Du"...
Weitere Textstelle:
"Es ist aber für einen ungeübten Menschen ein ungewöhnliches Unterfangen, es dahin zu bringen, dass ihn ... (nichts) behindere - es gehört großer Eifer dazu - und dass Gott ihm beständig gegenwärtig sei und ihm stets ganz unverhüllt zu jeder Zeit und in jeder Umgebung leuchte "(87,22ff).

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