Leicht ist es nicht, das immer anzunehmen, was mir als mein Leben und Schicksal auferlegt ist - an äußeren Geschehnissen oder auch an innerer Prägung. Noch schwerer ist es wohl, das zu bejahen, was mir mein Leben versagt hat. Jedoch am schwersten erscheint es immer wieder, ja eigentlich unmöglich, das anzunehmen, was durch eigene (oder auch durch fremde) Schuld unheilbar zerstört worden ist. Ist nicht spätestens hier die Grenze des Annehmen - Könnens erreicht?Meister Eckehart lässt seinen Blick nicht bannen von diesen Dingen, sondern lässt los und schaut auf seinen Gott der Liebe - er schaut auf Jesus, der gerade um dieser furchtbaren Erfahrungen menschlichen Lebens willen Leid und Tod auf sich genommen hat. So schließt er diesen Bereich nicht aus - im Gegenteil, er bezeugt gerade hier die einzigartige Größe unseres Gottes: "Sieh doch: Wer war unserm Herrn je lieber und vertrauter als die Apostel? Keinem von ihnen blieb es erspart, in Todsünde zu fallen; alle waren sie Todsünder gewesen. Das hat er auch im Alten und im Neuen Bunde oft an denen bewiesen, die ihm nachmals bei weitem die Liebsten wurden; und auch heute noch erfährt man selten, dass die Leute es zu Großem bringen, ohne dass sie zuerst irgendwie fehlgetreten wären. Und damit zielt unser Herr darauf ab, dass wir seine große Barmherzigkeit erkennen und er uns mahne zu großer und wahrer Demut und Andacht. Denn wenn die Reue erneuert wird, wird auch die Liebe stark gemehrt und erneuert werden" (72,26ff).
"Je schwerer man (selbst) die Sünde anschlägt, um so bereiter ist Gott, die Sünde zu vergeben, zur Seele zu kommen und die Sünde zu vertreiben" (73,20ff).
Ich spüre in meinen Lebensweg hinein, ob ich irgendeine Erfahrung gemacht habe, wo Gott eigene oder fremde Schuld in Segen verwandelt hat...
Ich meditiere eine biblische Gestalt, in der es für mich anschaulich wird, wie sich Gott in seinem Plan nicht durch die Sünde des Menschen hindern lässt...
- Mein Gott, der auch meine Schuld in seinen Heilsplan einbauen will -
Ich verfolge eine konkrete Schuld, die ich begangen habe, die mein Leben vielleicht bleibend prägt, bis in ihre tiefsten Wurzeln und Ursprünge hinein und öffne diese dunklen Bereiche zur Liebe Gottes hin - die mich nicht nur von außen, sondern von innen her in meiner tiefsten Mitte berührt...
"Je schwerer man (selbst) die Sünde anschlägt, um so bereiter ist Gott, die Sünde zu vergeben, zur Seele zu kommen und die Sünde zu vertreiben; ist doch ein jeder am meisten beflissen, das abzutun, was ihm am meisten zuwider ist. Und je größer und je schwerer die Sünden sind, um so unermeßlich lieber vergibt sie Gott und um so schneller, weil sie ihm zuwider sind. Und wenn dann die göttliche Reue sich zu Gott erhebt, sind alle Sünden bälder verschwunden im Abgrund Gottes, als ich mein Auge zutun könnte" (73,20ff).