Hinführung:

Aber Jesus Christus war nicht nur wahrer Mensch. Unser Bekenntnis bezeugt ihn gleichzeitig als "wahren Gott".

Das ist für uns viel schwerer zu fassen, als sein wahres Menschsein. Vielleicht müssen wir uns zu Beginn deutlich machen, daß mit solch einer Glaubensaussage Erfahrungen beschrieben werden, die Menschen mit Jesus machten - und die sie im Nachhinein dann in diese Kurzformel brachten. Mit solchen Formeln ist es immer ähnlich wie mit mathematischen Formeln: Man kann eine zeitlang damit arbeiten, aber wirklich verstanden habe ich solch eine Formel erst, wenn ich imstande bin, sie selbst neu zu entwickeln. Gewiß hinkt der Vergleich wie alle Vergleiche - aber wir können dennoch nicht auf sie verzichten. Nur weil ich selbst die Möglichkeit in mir trage, Erfahrungen mit Gott zu machen - weil ich "gottfähig" bin, wie die Väter sagten, deshalb kann ich von meinen eigenen Erfahrungen her ahnen, was in den Menschen vorgegangen sein mag, welche das, was sie in Jesus Christus "sahen" - dann in die Formel faßten: Jesus Christus war "wahrer Gott".

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Meditatives Schauen auf Jesus und auf mein Leben:

Ich fühle mich hinein in einen Menschen des Evangeliums, dem die Heiligkeit, die Besonderheit dieses einzigartigen Menschen Jesus von Nazareth einmal spontan aufgegangen ist. Die Evangelien beschreiben einige solcher Szenen - jeder sollte sich diejenige heraussuchen, die ihn am meisten anspricht. Ich biete Ihnen einige Möglichkeiten zur Wahl an (bitte auf keinen Fall alles tun wollen!) - aber besser wäre es, Sie fänden für sich selbst eine eigene, passende Stelle:

- Mt 4,22: "Sofort verließen sie da Boot und ihren Vater und folgten ihm". Wie konnten die Fischer so spontan handeln?... Gibt es ahnungshafte Ansätze in meinem Leben, die mir erlauben, die Handlungsweise der Jünger ein Stück zu verstehen?...

- Mt 7,28f: "Das Volk entsetzte sich über seine Lehre, denn er lehrte wie einer, der Macht hat..." Was war in diesen Menschen vorgegangen, was hatten sie erlebt und erfahren?... Gibt es ahnungshafte Ansätze in meinem Leben, wo mir ein Wort Jesu oder ein anderes Wort der Bibel schon einmal "unter die Haut gegangen" ist - wo ich spürte, daß hier etwas in "Vollmacht" nach mir greift?...

- Mt 8,27: "Die Leute aber verwunderten sich und sprachen: 'Wer ist dieser, daß selbst die Winde und der See ihm gehorchen?'" Vermutlich kann ich mich gut einfühlen das Erleben der Jünger während des Sturmes - aber was dann erfolgte, gehört nicht zu meinen Normalerfahrungen... Aber vielleicht gibt es doch auch hier ahnungshafte Ansätze in meinem Leben, wo sich plötzlich "Stürme" gestillt hatten, wo in mir plötzlich eine tiefe, menschlich nicht erklärbare Ruhe einzog?... Wem habe ich solches zu verdanken?...

- Mt 27,54: "Als der Hauptmann und die, die mit ihm Jesus bewachten, das Erdbeben sahen und was geschah, gerieten sie in große Furcht und sagten: 'Dieser war in Wahrheit Gottes Sohn.'" Ein Heide, ein Mensch, der das ganze Grauen der Kreuzigung miterlebt hat, kommt zu solch einem Schluß... Vielleicht gibt es doch manchmal eine leise Erfahrung, daß Gott gerade mitten in der tiefsten Dunkelheit besonders nahe sein kann - sichtbar und spürbar nahe!?... Auch in meinem Leben?...