Karin Johne
Meditation und Nachfolge Jesu Christi 1

Überblick:
1. Meditieren als Hilfe, den Ruf und die Weisung Jesu zu vernehmen
Metaphern junger Menschen
2. Meditieren als Hilfe, dem Ruf Jesu Schritt um Schritt zu folgen
a) Dinge werden transparent
   Metaphern junger Menschen
b) Tätigkeiten werden transparent
   Metaphern junger Menschen
c) Geschehnisse werden transparent
   Metaphern junger Menschen
3. Meditieren als Hilfe, in immer engere Gemeinschaft mit Jesus, zu kommen
   Metaphern junger Menschen

Wollen junge Menschen auf einem Berge ein Johannisfeuer entzünden, so tragen sie alles mögliche Brennbare zusammen. Ist der Haufen groß genug und die Dunkelheit bricht an, wird zuerst das Material angezündet, das leicht brennbar ist, dürres Gras und Zweige - von da aus greift das Feuer weiter und entzündet auch das schwerer brennbare Material, bis das Feuer alles erfasst hat und weit in das Land leuchtet. So etwa hatte Jesus das Leben der Menschen vor sich gesehen, die er in seine Nachfolge rief: "Ich bin gekommen, dass ich ein Feuer anzünde auf Erden" (Luk 12,49). Er wollte sein Feuer in ihnen entzünden, dieses Feuer sollte immer mehr ihr ganzes Leben durchglühen und andere Menschen entzünden, wie in der Johannisnacht früher auf allen Bergen und Hügeln die Feuer aufflammten.
 
Wie aber sieht das in der Wirklichkeit unseres Lebens aus? Ist es nicht oft so, dass wohl ein Stücklein, etwas leicht Brennbares - entzündet wird, aber dann erlöscht die Flamme, ehe sie das andere Material zum Brennen gebracht hat, das Material, was sich schwerer entzündet, dafür aber auch nicht so schnell wieder verlöscht?

Wer einmal den Ruf in die Nachfolge deutlich vernommen, hat - wer einmal ein paar Tage in der Stille einer Retraite die Nähe Jesu Christi spürbar erlebt hat, der steht vor der Frage: Hat dieses Feuer mein ganzes Leben erfasst, durchglüht, verwandelt? Im Kleinen kann man fast Tag für Tag Entsprechendes erleben: Morgens betet man: "Du wollest mich diesen Tag behüten vor Sünde...", oder "dass wir dich stets vor Augen han in allem, was wir heben an" - und wie sieht dann der konkrete Alltag aus? Licht und Dunkel - nicht nur im Mythos stehen sie sich als feindliche Gewalten gegenüber, sondern auch in meinem Leben. Entweder wird das Dunkel vom Lichte durchglüht, oder das Licht wird nach und nach von der Dunkelheit verschlungen.

An dieser Stelle hat christliche Meditation ihr eigentliches Ziel: Meditieren will uns Hilfen geben, Wege weisen, wie man von einer Mitte her immer mehr die Gesamtheit des Lebens durchleuchten kann. Wer sich in die Nachfolge Jesu gerufen weiß, dem kann Meditation helfen, die Kluft zu überwinden, die so oft zwischen den leuchtenden Stunden der spürbaren Nähe Gottes und dem "grauen Alltag " steht oder zu stehen scheint. Wie aber kann das geschehen? Ich kann hier nur einige kurze Wegweiser aufrichten, vielleicht wagt dieser oder jener, ein Stück in dieser Richtung zu gehen.


1. Meditieren als Hilfe, den Ruf und die Weisung Jesu zu vernehmen
Wenn wir in Meditationsstunden üben, innerlich Bilder zu schauen oder Melodien zu hören, dann sollen diese Übungen die innere Welt der Bilder, Gefühle und Emotionen wieder funktionsfähig machen. Ist sie doch bei 'vielen Menschen heute verschüttet. Hat man das eine Zeitlang geübt, dann kann geschehen, was eine Konfirmandin nach einer Meditation der Jüngerberufung niederschrieb: "Ich habe gehört, wie Jesus zu mir sagte: ‚Folge mir nach!‘ ... Ich spürte, dass nichts Böses mehr an mich herankonnte und war ganz geborgen. Den Ruf habe ich für mein Leben vernommen." Ein anderes Mädchen schrieb: "Früher war mir das Leid und Unglück anderer doch nur Mitleid wert. Jetzt werde ich, wie Jesus auch, versuchen, zu helfen, wo ich kann."
Vielen Menschen fällt es heute schwer, den Text der Bibel auf sich selbst zu beziehen. - Aber wenn man an einfachem Material übt, das, was einem als etwas Fremdes begegnet, mit dein eigenen Leben In Beziehung zu setzen, dann ist dieses Meditieren schon eine Einübung in die persönliche Begegnung mit einem biblischen Text, wie er meinen Alltag durchleuchten will. (Symbolmeditation: z. B. Ich meditiere einen Baum - wo gibt es Entsprechendes In meinem Leben. Wo sind meine "Wurzeln", wo ist mein "Stamm", wo sind meine "Zweige", meine "Blüten", meine Früchte...?)"

Metaphern junger Menschen 2:

Meditieren hilft, die Stimme Jesu im Herzen zu vernehmen

Junge Menschen fanden folgende eigene Metaphern für die Nachfolge Jesu:

Jesus nachfolgen ist für mich wie

- ein Irren durch ein Labyrinth. Auf dem Weg sind viele Hindernisse und links und rechts Verlockungen, die mich dazu verleiten wollen, in Seitengänge einzubiegen. Die Stimme, der ich folge, ist mal ganz nah und dann wieder weit weg.

- eine Bach'sche Fuge. Es wird ein Hautthema gegeben. Die anderen Stimmen setzen mit diesem Thema etwas später ein. Die Stimmen verschmelzen mit einander. Man erkennt das Thema nicht mehr. Doch nach einiger Zeit wird es wieder klar und deutlich angespielt. Genauso ist es auch in meinem Leben. Der Ruf des Herrn erreicht mich immer wieder, auch wenn sich meine Wege manchmal verirren.

- ein rauschender Fluss, der vom Entspringen an immer breiter und im Geräusch lauter wird. 'Er' spricht mit uns in den Worten des Flusses. 'Er' leitet uns und begleitet uns auf dem Weg zu Dir

- wenn ich in einem leeren Zimmer stehe, und sich vor mir eine alte Tür öffnet (langsam), und nur Licht hinter ihr zu sehen ist - alles ist hell

- eine Parabolantenne. Sie empfängt unsichtbare Dinge u. U. aus einer anderen Welt und verstärkt sie für die Menschen. Ähnliches müsste mit der Botschaft Gottes geschehen


2. Meditieren als Hilfe, dem Ruf Jesu Schritt um Schritt zu folgen
a) Dinge werden transparent

Wo ich Dinge als Symbole meditiere, fangen sie an zu "sprechen", werden wie lebendig, beginnen zu leuchten. "Ich habe meiner Schuhe meditiert", erzählt ein Mädchen, "mit ihnen gehe ich Schritt um Schritt, so begleitet mich Gott." Wo ein Kranker die Dinge seines Zimmers meditiert, verliert der Raum seine erdrückende Enge, aber mehr noch: Auch Dinge können predigen von Gottes Liebe: "Wie der Teppich die Härte des Fußbodens, so lindert Gott mir viele harte Schritte." 3

Wer so zu sehen lernt und sich darin übt, der begegnet Gott überall. "Sehet die Vögel unter dem Himmel an, sie säen nicht, sie ernten nicht ... und euer himmlischer Vater nährt sie doch" (Mt 6, 26). So sah Jesus die Welt.

Metaphern junger Menschen: Dinge werden in der Meditation transparent - und zum Gleichnis

Junge Menschen fanden folgende eigene Metaphern für die Nachfolge Jesu:
Jesus nachfolgen ist für mich wie

- das Erklimmen eines steilen Berges - Lust und Last bedingen einander. Der Gipfel des Berges ist eingetaucht in den warmen Lichterglanz der untergehenden Sonne.

- ein Brunnen, er ist immer für andere da

- ein Güterzuganhänger, er folgt der Lokomotive (Jesus) und tut das nicht allein. Unterwegs transportiert er Lasten, die ihm selbst nichts nützen.

- ein Stück Holz für ein Lagerfeuer, welches angezündet worden ist. Dieses Stück Holz hat die Funktion, die anderen Hölzer mit anzuzünden. Daraus entsteht ein Feuer, das weit leuchtet und Wärme verbreitet. Jesus Liebe kann Feuer anzünden.

b) Tätigkeiten werden transparent

"Es ging ein Sämann aus, zu säen...Mt 13, 3). "Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen; aber Gott hat das Gedeihen gegeben" (1 Kor3,6). Immer wieder finden wir in der Bibel Tätigkeiten des Bauern und des Gärtners als Gleichnisse für Arbeiten am Gottesreich. Wer Gartenarbeit zu verrichten hat, kann dabei meditieren. Die Gleichnishaftigkeit aller einzelnen Arbeiten im Garten erspüren für Arbeiten im Dienste der Verkündigung – das Tun und das Nachsinnen zur Fürbitte werden lassen – neue Dimensionen der geistlichen Gärtnerarbeit entdecken... Wer das nur einige Tage versucht, wird selbst erleben, wie diese Arbeit von einem neuen Licht durchstrahlt wird.

Auch die Gartenarbeit ist "leicht brennbares Material" - hier kann man üben, was man dann nach und nach auf viele Arbeiten übertragen kann (z.B. Krankenpflege, Autofahren u. a. m.).

Jesus heilt einen Blinden und deutet sein Tun: "Ich bin gekommen, auf dass, die da nicht sehen, sehend werden (Joh 9, 39 b).

Metaphern junger Menschen - Tätigkeiten werden in der Meditation transparent - und zum Gleichnis
Junge Menschen fanden folgende eigene Metaphern für die Nachfolge Jesu:

Jesus nachfolgen ist für mich wie

- eine Wanderung durch einen dichten Wald mit einem Kompass, manchmal kann ich einen Weg benutzen, oft muss ich mir durch das dichte Unterholz einen Weg bahnen. Aber ich weiß die Richtung und das Ziel.

- mit einem alten Pflug pflügen. Gott hat mir Jesus (Pferd) gegeben, weil ich allein nicht die Kraft habe, den Pflug zu bewegen, doch mit der Hilfe Jesu werde ich es schaffen.

- das Aufziehen einer Uhr. Sobald ich vergesse, sie aufzuziehen, bleibt sie stehen, vergesse ich Jesus nachzufolgen, bleibe ich in meinem Leben auch stehen

c) Geschehnisse werden transparent

In vielen Gruppen verschiedenen Alters haben wir eine "Bergwanderung" meditiert. Die Übung bestand darin, einzelne Situationen und Erlebnisse so lange anzuschauen, bis sie transparent wurden für eine Wahrheit, die sich darin enthüllte, gültig für das ganze Leben. Da wurde etwa genannt: "Wer einen neuen Berg ersteigen will, muss vom alten herunter und durch das Tal!" oder: "harte Belastungen durch Wind und Wetter gehören zu manchem Erlebnis dazu."

Wer sich darin geübt hat, dem kann sich plötzlich bei einem Gang durch dieStraßen vor einem Stopschild der verborgene Sinn einer Lebenssituation enthüllen, mit der er bis dahin nicht fertig wurde: "Gott setzt kein Stopschild sinnlos, auch in meinem Leben jetzt nicht, sondern es soll mich vor Gefahr bewahren!"

Oder umgekehrt: Wer es an einfachem Material geübt hat, Situationen und Geschehnisse so lange still anzuschauen, bis sie ihren verborgenen Wahrheitsgehalt enthüllen, der lernt es auch mehr und mehr, sich nicht immer nur gegen unerwartete und unabwendbare Geschehnisse in seinem Leben aufzubäumen, sondern sie still anzuschauen, bis sich ihr tiefster Sinn vielleicht enthüllt: " Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen." (Röm 8, 28). Dieses Anschauen aber schließt in sich ein Annehmen dessen, was Gott mir bereitet hat. nur so wird es transparent!

Derselbe Gott, der mich in die Nachfolge seines Sohnes berufen hat, bietet mir in meinem konkreten Leben in Dingen, Aufgaben und Geschehnissen das Material, um ihn besser zu verstehen.

Metaphern junger Menschen - Geschehnisse werden in der Meditation transparent - und zum Gleichnis

Junge Menschen fanden folgende eigene Metaphern für die Nachfolge Jesu:

Jesus nachfolgen ist für mich wie

- der 2. Offizier auf einem Passagierschiff, das in einer Sturmnacht auf einen Leuchtturm zusteuert. Natürlich will ich mich selbst retten, bin aber gleichzeitig (zwar nicht hauptverantwortlich, aber doch entscheidend mit) verantwortlich für meine Mitmenschen.)

- ein Tanz auf einer weiten grünen Wiese. Viele Menschen tanzen mit leuchtenden Gesichtern, die von innen her strahlen, nach einer herrlichen Musik. Die Musik ist so schön, dass mich Unebenheiten auf der Wiese nicht stören beim Tanz.


3. Meditieren als Hilfe, in immer engere Gemeinschaft mit Jesus, zu kommen
Der Ruf in die Nachfolge Jesu stellt uns nicht ein fernes Ziel vor Augen und gibt uns dann einen Plan in die Hand, dieses Ziel zu erreichen. Sondern dieser Ruf bindet uns an eine Person. Diese Bindung ist enger als jede Bindung der Freundschaft, sie ist enger als die Bindung der Ehe. Deshalb kommt alles darauf an, dass wir immer tiefer mit dieser Person zusammen wachsen, sie mehr und mehr als das erleben, was sie wirklich ist; lebendig, gegenwärtig, nahe. Es ist eine Bindung der Liebe, welche durch das ganze Leben hindurch immer tiefer und reiner werden kann und soll.

Auch hier kann ich meditierend üben: Ich kann eine Schale meditieren, so lange und intensiv, bis ich mich selbst als Schale fühle, mein Geöffnetsein erlebe. Dabei erfahre ich: Was ich geöffnet und liebend anschaue (ein Stück Liebe dürfte in jeder guten Meditation mitschwingen), dem gleiche ich mich in irgendeiner Weise an. Da kommen Dinge zum Klingen, die von einer tiefen, verborgenen Gemeinsamkeit zeugen. Das geschieht nicht vom Verstande aus, sondern aus einer tiefen Schicht meines Daseins.

Wenn ich die Texte der Evangelien meditiere, meditiere ich Jesus Christus. Jeder Text lässt ihn mich von einem anderen Blickpunkt her schauen. Ich schaue da nicht ein Ding an, sondern den, der einmal zu mir gesprochen hat: "Folge mir nach!" Ich schaue den an, der heute und hier vor mir steht: "Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende" (Mt 28,20). Ich schaue den an, der mich in seine Nachfolge gerufen hat, damit ich mich ihm immer mehr angleiche: "... dass sie gleich sein sollten dem Ebenbilde seines Sohnes, auf dass derselbe der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern" (Röm 8,29). Diese Gleichheit wird nicht vom Verstande oder vom Willen erzwungen, sondern sie wächst gleichsam auf dem Boden der Meditation still und allmählich, genährt von den Lebenskräften des Heiligen Geistes, langsamer oder schneller, offen oder verborgen - ganz so, wie es Gott will. "Und der Same geht auf und wächst, dass er's nicht weiß' (Mk 4,27).

Ich kehre noch einmal zurück zum Bilde vom Johannisfeuer. Was sich schwerer entzündet, hält die Flamme länger. Wer das Feuer leuchten sieht, freut sich des Feuers und fragt nicht nach dem Brennmaterial. Alles ist "brennbar" in unserem Leben - wichtig ist, dass die Flamme alles ergreift, dass unser ganzes Leben zu leuchten beginnt. "Ihr seid das Licht der Welt", sagt Jesus zu seinen Jüngern (Mt 5,14).

Metaphern junger Menschen - Hilfe von Meditationsbildern, das Einswerden mit Jesus zu suchen

Junge Menschen fanden unter vielen anderen folgende eigene Metaphern für die Nachfolge Jesu:

Jesus nachfolgen ist für mich wie

- das in die Fußstapfen eines vor mir Hergehenden treten auf einem steinigen Weg.

- wenn ich ein Schiff bin, dass auf einem zugefrorenen Meer hinter dem Eisbrecher herfährt. Nur so komme ich unbeschädigt zum Ziel.

- der richtige Schlüssel im Schloss, nur in dieser Verbindung lässt sich die Tür öffnen. (Christus in mir, ich in Christus)

- Nacht und Tag. Die Nacht folgt auf den Tag und auf die Frage Jesu soll auch die Antwort folgen.

- eine große, weitleuchtende Kerze, Jesus, die in einen dunklen, leeren Raum steht, die Welt. Eine kleine unscheinbare Kerze wird durch die große entzündet und leuchtet mit. Diese kleine Kerze bin ich. Durch viele kleine Kerzen kann dieser dunkle Raum hell werden.


1 Veröffentlicht in „Fröhlich helfen 1977“ – Handreichung der Inneren Mission Berlin 1977

2 Die jungen Menschen waren Schüler und Schülerinnen des 8. - 10. Schuljahres in Meditationskursen

3 vgl. Meditation als Hilfe für Schwerbehinderte


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