Helmut Mogk - Späte Gedichte

Inhalt:

Aus später Dämmrung leuchtet auf ein Stern
Das Heute schenkt uns Gott aus treuen Händen
Die Zweige wehn im Wind umher
Es regnet und der Nebel hüllt
Im Du allein verströmt dein wahres Leben
Jede heilige Kraft
Lass Gott, mich immer nur im Dank verglühn
Lass mich von neuem heute zu dir finden
Noch lebt für uns der bunten Rosen Jahr
Ob mein Gebet vor Gott gilt, weiß ich nicht
Redet mir nimmer vom Tod
Unsere Seele gleicht einem Brunnen in einer alten Stadt
Von Dir kommt Licht und Leben
Was bist du, Mensch, ins Dunkel hingeboren
Wenn du die Liebe aus dem Herzen reißt
Wie bist Natur du in der Schöpfung schön



 
 
 
 
 
 
 
 

Aus später Dämmrung leuchtet auf ein Stern.
Wohl ist er fern,
Doch in dem Dunkel, das die Täler füllt,
Ein Licht aus einer Welt der Güte.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 
 
 
 
 
 

Das Heute schenkt uns Gott aus treuen Händen,
Ums Morgen darf uns nicht mehr bange sein.
Getroffen von dem ewgen Schein,
Kann auch der Tod sein Werk nicht mehr vollenden.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 
 
 
 
 
 

Die Zweige wehn im Wind umher,
Der Abend sinkt - und dunkel wird die Welt.
Da glüht ein Stern hinein aus einem weiten Blau
In meine Einsamkeit.
Da bricht mit Urgewalt die Liebe durch
Und gießt sich weithin in den Abend ein.
Und stößt durch alles Sterben durch zum Licht.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 
 
 

Es regnet und der Nebel hüllt
Des Lichtes hellen Glanz.
Die Blätter fallen, es zerbricht
Der Farben bunter Kranz.
Voll Sehnsucht schlägt das wilde Herz
Und brennt in Ungeduld,
Und immer führt es uns hindurch
Durch Liebe, Glück und - Schuld.
Es kommt die Nacht, es sind verhüllt
Der Mond und Sterneschein
Und der Dämonen dunkles Heer
Bricht in den Menschen ein.
Bist du gefeit und hältst du stand,
Wenn Tag und Licht vergehn?
Erahnst du das verheißne Land,
Das noch kein Blick gesehn?
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 
 
 
 
 
 

Im Du allein verströmt dein wahres Leben,
Im Du tritt Christus dir erst ganz hervor,
Im Du wird dir die große Kraft gegeben,
Die von der Erde erst dich hebt empor.

Nur im Verschenken fängst du an, zu leben,
Erst wenn du freudig Ja sagst zum Verzicht,
Erst wenn du deine Seele hingegeben
Strömt aus den Dunkelheiten helles Licht.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


Jede heilige Kraft
Ungebändigt noch
Stürmt zum Himmel empor.
Leidenschaft
Stößt das Dach des Tempels hinaus,
Beide vernichtend.
Willst du den Bogen spannen,
Der von Mensch zu Mensch
Strebend höher steigt
Und dem Liebenden einzige Rettung ist,
Oder als Sturm
Fegen zu Tor und Tempel hinaus, Unheil zeugend
Und Unheil leidend?
War's nicht die Qual,
Weil deine Freude,
Die Menschen suchte,
Oft nur Larven und Puppen fand?
Brüder und Schwestern,
Segnet das Herz, das euch die Liebe schuf
Und in die Stille der großen Sehnsucht führte.
Fürchtet ihr Leiden und Schmerzen?
Schreckt euch der Weg?
Ach, noch einmal
Baut an dem heilige Dom,
Der uns alle vereint!
 
 
 
 
 
 



 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Lass Gott, mich immer nur im Dank verglühn,
Auch wenn mich oft die Welt so hart umfängt
Und sich der Mensch in mir so schwer umdrängt!
Lass aus dem Dunkel mich zu Dir erblühn.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 
 
 
 

Lass mich von neuem heute zu dir finden
Aus all der tiefen dräuend schweren Not!
Lass mich umfließen Deiner Liebe Macht
Und gib mir Kraft, mich ganz an Dich zu binden!

Hilf mir, der ich so oft an Dir versage!
Und tilge meine Schuld, die mich bedrängt.
Mein Tun und Leben oft im Leeren hängt,
Wenn ich nicht stets und neu zu Dir das Opfer wage.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 
 

Noch lebt für uns der bunten Rosen Jahr,
Noch brechen Knospen über Knospen auf,
Noch lebt die Lust in jedem Tageslauf.
Das Geben und das Nehmen endet nimmerdar.
Doch eines Tages stirbt der Rosen Glut,
Stirbt auch die Glut, die uns erfüllt?
Gott lebt, auch wenn er sich verhüllt
Und wandelt dich und mich zum Gut.
Hab nur Vertrauen in der Zukunft Bild!
Wie oft ward dir in schwacher Stunde Mut!
Ist nicht der Glaube deines Wesens Schild?,
Der zeitentbunden Dir im Herzen ruht?
Hab nur Vertrauen in die Gegenwart!
Aus ihrer Fülle kommt der Morgen her,
Und scheint der Tag auch oft dir hart
Ist er doch nie vom tiefen Segen leer.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 

Ob mein Gebet vor Gott gilt, weiß ich nicht,
Doch Gott allein weiß stets um meine Fehle.
Er weiß auch, wie ich mich um Seine Liebe quäle.
Er strahlt auch in die Angst mit Seinem Licht.

Ob ich vor Gott bestehe, weiß ich nicht,
doch vor den Menschen hab ich nicht bestanden,
ich lag zu sehr in meinen eignen Banden,
nun stehe ich von neuem im Gericht.

Ob ich dem Andern helfe, weiß ich nicht.
Doch um die Inbrunst weiß nur Gott allein,
die oft durchflutet all mein irdisch Sein -
und oft mich führt zu Opfer und Verzicht.

Ob das ein Wert vor Gott ist, weiß ich nicht.
So bleibt nur eins: In aller Not zu danken,
in Ihm zu stillen alle Angstgedanken,
in Ihm zu mildern Schwere und Gewicht.

So sei nun still und lass die Angst dahinten!
Gott kennt dich gut in deiner tiefen Not.
Er weiß auch heute, was dir hilft, dir droht.
Sei still und lass dich ganz von Seiner Liebe finden.
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 
 
 
 
 
 

Redet mir nimmer vom Tod.
Alles vollzieht sich im Ring,
Ende und Anfang sind eins,
Sterben verhüllt nur Geburt,
Qual nur Erlösung und Glück.
Wandernd durchkreist du das All,
Bis sich das Bild dir enthüllt
Und die Vollendung dir naht.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 
 

Unsere Seele gleicht einem Brunnen in einer alten Stadt.
Vor uralten Zeiten hat sie ein Gedanke der Liebe gedacht.
Nun quellen aus vielen Rohren Wasser,
Aus der Erde geboren
Und wieder zur Erde fließend.
Im lebendigen Silber fängt sie das Licht des Himmels ein,
Ob es in der zitternden Hitze des Mittags als Sonne
Über den Straßen liegt
Oder ob es als Mond
Fahl und bleich
Über den Giebeln ruht.
Die Menschen gehen vorüber,
Wie sie es immer getan
Mit ihren Freuden und Leiden.
Weiter fließet das Wasser
Im ewigen Ringe.
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 
 
 
 

Von Dir kommt Licht und Leben,
Von Dir kommt Raum und Zeit,
Du hast uns hingegeben
Zu Deiner Ewigkeit.

Ins Irren unsrer Tage
Erstrahlt dein heller Stern,
Strahlt über Schuld und Plage,
Zu Dir hin, unserm Herrn.

Du hast den Sohn gebunden
Zum bittern Kreuzestod.
In Ihm ward überwunden
Zu Dir hin unsre Not.
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 
 

Was bist du, Mensch, ins Dunkel hingeboren,
Vom Grunde losgelöst und leer
Von dem, was einst an Freuden schwer,
Vereinsamt und im Leid verloren?

Schlägst du nicht immer wieder Gott ans Holz,
Wo er verblutet und gepeinigt hängt?
Was bist du, dass Er nach Vergebung drängt,
Wo ihn am tiefsten traf dein Stolz?

Du wolltest eine neue Welt erbaun,
Für eine, die Ihm nicht gelang!
Wird dir dann nicht in deinem Hochmut bang?
Kennst du das Ziel? - Im Segen? Oder Grauen?

Was bist du, Mensch, dem er so viel gegeben?
Du danktest Ihm mit Hohn und Spott!
Du schriest Ihm zu: "Du bist nicht - Gott!"
- Und trafst doch nur dein eignes Leben.
 
 
 
 
 
 
 
 



 


 
 
 
 

Wenn du die Liebe aus dem Herzen reißt,
So brechen gleich dir die Dämonen ein
Und düstern deines Tages hellen Schein
Und einsam bist du und verwaist.

Siehst du in aller Liebe Höhres nicht,
Dass du verachtest, was dir Gott geschenkt,
So wirst du bald ins Nichts versenkt,
Und aus dem Tage schwindet dir das Licht.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 



 
 
 
 
 
 

Wie bist Natur du in der Schöpfung schön,
Ob dir der Ferne letzte Klarheit leuchtet,
Ob sich die Nähe dir nur offenbart,
Da Regen weit und Nebel alles rings durchfeuchtet!

Gott gab die leeren Hände dir zu eigen,
Damit er dir die ganze Fülle schenke,
Und gleichermaßen dich, ob arm, ob reich,
Zu seiner letzten, abgrundtiefen Liebe lenke.
 
 


[Helmut Mogk: Im Gottesringe (frühe Gedichte)]
 
 
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