Überblick:
Grundanliegen
dieses Kurses
Hinführung
zum eigenen Meditieren
Anlass
für diesen Weg
Zutrauen
zum Heiligen Geist
Einzigartiger
Weg jedes Einzelnen
Anliegen
der Meditation
Erfahrungen
beim Meditieren
Das
Geschenk des Kranken an die Gesunden
Das
Ziel dieses Übungsweges
Diese Meditationsangebote möchten etwas von dem, was wir in einem kleinen Kreis eines Meditationskurses miteinander getan und erfahren, erlebt und gelernt haben, auch anderen zugänglich machen. Diese Weitergabe soll nicht in erster Linie als Information geschehen - diese ist an vielen Stellen mit eingeschlossen - sondern das Grundanliegen dieser Übungen ist es, die Leser zu eigenen Erfahrungen und zu eigenem Erleben zu führen. Meditieren kann ich nicht dadurch lernen, daß ich Artikel und Bücher lese oder mir Vorträge darüber anhöre, sondern allein durch mein eigenes Tun. So bietet diese Büchlein eine erste Einführung in Wege und Methoden christlicher Meditation. Es erfordert keinerlei Voraussetzungen - und soll dem Übenden helfen, seine eigenen Möglichkeiten des Meditierens zu entdecken und auszuprobieren.Hinführung zum eigenen Meditieren
In den letzten Jahren ist eine schier unübersehbare Fülle von Meditationsliteratur erschienen, in welcher viele Autoren ihre eigenen Meditationen zum Nachvollzug anbieten. Ich weiß, daß auch das hilfreich sein kann, daß Worte, die aus der meditativen Schicht geschrieben oder gesprochen wer-den, auch im Lesenden und Hörenden diese Schicht ansprechen und zum Mitschwingen bringen können. Bei eigenen meditativen Predigten, die ich vor allem in Exerzitienkursen hielt - spürte ich das und wurde oft daraufhin angesprochen; das gleiche gilt sicher auch für das geschriebene meditative Wort.Anlass für diesen WegAber im Angebot dieses Buches geht es um etwas anderes: Es möchte versuchen, dem Lesenden und Übenden seinen eigenen meditativen Weg zu zeigen und zu erschließen - in allerersten, möglichst einfachen und nachvollziehbaren Schritten. Ein Wort von Karl Rahner sagt in seiner Weise, worum es mir vor allem geht: "Es gibt kaum eine Literatur, die deutlich und nachvollziehbar sagt, wie der Mensch von heute wirklich beten, wie er im Grunde seiner eigenen Daseinserfahrung das entdecken und wachsen lassen könne, was ihm vom christlichen Glauben so gesagt wird, als könne es von außen her vermittelt und andoziert werden."
Wie kam ich dazu, überhaupt Meditationskurse anzubieten? Vielleicht sollte ich an dieser Stelle etwas sagen von meinem persönlichen Weg - weil es zum Wesen des Meditierens gehört, daß das einzelne Geschehen durchsichtig wird für das, was dahintersteht und was alle angeht:Ich hatte schwere Jahre hinter mir. Krankheiten, die mich an die Grenze des Lebens brachten, waren bei weitem nicht das schwerste. Da erschloß sich mir vor etwa fünfunddreißig Jahren mehr und mehr die reiche Welt des Gebetes in ihrer unerschöpflichen Fülle - und, damit eng verbunden (ohne daß ich es damals schon so genannt hätte), die Welt der Meditation. Nach einigen Jahren entdeckte ich eines Tages, daß sich mein Leben verändert hatte. Fast unmerklich war es geschehen:
Beglückt spürte ich, daß ich wieder Boden unter den Füßen hatte, wo vorher alles grundlos gewesen war. Ich erlebte, daß es Tage gab, die so erfüllt waren, daß ich meinte, um eines einzigen solchen Tages willen habe sich das ganze Leben gelohnt. Ich hatte gelernt, daß nicht nur das Helle, sondern auch gerade das Dunkle im Leben die Fülle in sich verborgen hat und daß Erfüllung und Sehnsucht verschiedene Wege zum gleichen Ziel sein können. Dabei verloren neue Dunkelheiten, neue Durststrecken immer mehr von ihrer scheinbar unerträglichen Last. Schließlich erfuhr ich auch, daß man die Verbindung zu Gott nicht nur in besonderen Gnadenstunden, sondern immer mehr mitten im Alltagsleben beglückend erfahren kann.
Solche Erfahrungen möchte man weitergeben, möchte anderen auch dazu verhelfen. Beim Versuch jedoch, diese eigenen Erfahrungen weiterzugeben, mußte ich eine schmerzhafte, aber sehr heilsame Wahrheit erkennen: Was ich weiterzusagen versuche, weil es mich zutiefst erfüllt und froh macht, kann manchen anderen fast unberührt lassen. Weshalb wohl? Sehr allmählich wurde mit die Antwort immer deutlicher: Es muß daran liegen, daß die Fragen und Sehnsüchte, die Nöte und Erfahrungen des anderen andere sind als meine eigenen. Mein persönlicher Weg braucht durchaus nicht der Weg für alle zu sein. Nur das, was in des anderen eigenes, unaustauschbares Leben hineinspricht, wird ihn in ähnlicher Weise erfüllen und ansprechen können, wie mich das ausfüllt, was ich für mich selbst entdeckt habe und immer neu entdecke.Zutrauen zum Heiligen GeistSo richtig ist es, daß auf die Dauer nur das bei anderen "ankommt", was aus mir selbst gewachsen ist und in Übereinstimmung mit meinem Leben steht - so ehrlich muß sich
auch mancher, der das wirklich versucht, zugeben, daß dennoch oft nur sehr wenig von eigenem Erleben und eigenen Erfahrungen in der Verkündigung zu vermitteln ist. Doch kann gerade aus dieser Erfahrung die Erkenntnis wachsen: Es geht bei echter Verkündigung nicht nur um ein Weitersagen von Worten und Botschaften - so sehr das auch zur rechten Zeit nötig und wichtig ist - es geht ganz wesentlich auch darum, Wege zu suchen, die im Hörenden den Raum öffnen, in denen er seine eigenen Erfahrungen machen kann. Daß das überhaupt möglich ist, wurde mir durch die Begegnung mit der Meditationsbewegung klar. In der Anleitung zum Meditieren lernte ich solche Möglichkeiten kennen.
Meine ersten Meditationskurse hielt ich zusammen mit dem Oratorianerpfarrer Helmut Geiger aus Dresden. Es waren Kurse für Jugendliche, die er als Jugendseelsorger anbot. Er hat mich - in der Weiterführung des Ansatzes von Klemens Tilman - in seinen Grundsatz eingeführt, keine eigenen Meditationen "anzubieten", sondern den Raum zu schaffen, in dem eigenen Meditieren wachsen kann. Sein Grundanliegen war dabei: "Wir reden alle viel zu viel in der Kirche - wir sollten mehr Vertrauen haben zu dem Heiligen Geist, der jeden einzelnen seinen eigenen Weg führen möchte - der in jedem Menschen genau das wirken will, was für ihn wichtig und in diesem Augenblick ‘dran’ ist." In unseren Kursen versuchten wir, diese Grundsätze in der Praxis anzuwenden - und die Jugendlichen dankten es uns in einer ungeahnten Weise. Die ersten der hier angebotenen Übungen habe ich dankbar von ihm übernommen. Manches haben wir gemeinsam gefunden und ausprobiert - und vieleshat sich dann in den folgenden Jahren gefestigt, geklärt und ist weiter gewachsen.Einzigartiger Weg jedes EinzelnenWie aber kann man es lernen, selbständig Meditationskurse anzubieten? fragte ich Pfarrer Geiger. Seine Antwort war einfach: "Das lernt man nur im Tun. Suchen Sie sich eine Gruppe, mit der Sie meditieren können - und dann lassen Sie sich nach jeder Meditation berichten, wie es ging. So lernen Sie am besten."
Und wie recht er hatte! Als ich begann, eigenständige Meditationstage und Meditationskurse anzubieten, lernte ich am meisten von meinen Teilnehmern. Die tiefe Wachheit und Sensibilität, welche eigenes Meditieren auslöst, machte die Teilnehmer auch wachsam gegenüber manchen Fehlern, die ich beging, gegenüber kleinen Abweichungen vom richtigen Weg. Wie manches Mal haben wir im Gespräch nach einer Meditation gemeinsam herausgefunden, welcher Fehler in der Anleitung zu unerwünschten, manchmal auch gefährlichen Folgen führen konnten. Ich möchte allen danken, die auf diese Weise auch mit zu diesem Buche beigetragen haben.
Aber auch etwas anderes wurde mir durch diese gemeinsamen Auswertungen immer tiefer und immer beschämender bewußt: wie einzigartig der Weg eines jeden Einzelnen vor Gott ist, und welche gesunde Fähigkeit der zur Stille kommende Mensch hat - läßt man ihm nur genügend eigenen Freiraum -, das herauszufinden, was gerade jetzt für ihn wichtig und heilsam ist. Ich lernte daran, Meditationsangebote für eine Gruppe mehr und mehr so zu gestalten, daß das vorgegebene Thema eine gewisse Gemeinsamkeit ermöglicht - und doch den Bereich so offen läßt, daß jeder seinen eigenen Weg suchen und finden kann (Das ist besonders bei Meditationen "archetypischer Symbole" gegeben. So entdeckt dann auch die Gruppe im anschließenden Gespräch über die gemeinsamen und unterschiedlichen Erfahrungen sowohl ihre Einheit als auch ihre Vielfalt. Wie oft habe ich bei solchem Austausch, bei denen echte "Mit-Teilung" geschah, an ein Wort Pfarrer Geigers denken müssen, daß hier etwas von "Kirche", vom "Leib Christi" mit seinen vielen Gliedern erlebbar werden kann.Anliegen der Meditation
Was ist nun das eigentliche Anliegen des Meditierens? Niemand erwarte hier eine erschöpfende Antwort. Die kann letztlich nur jeder für sich selbst herausfinden, wenn er sich auf diesen Weg einläßt. Nur einige Hinweise auf das Wesentliche kann ich hier geben. Beim Meditieren geht es darum, Grenzen zu durchbrechen, die wir uns selbst aufgebaut haben: Grenzen zum eigenen Ich - Grenzen zum anderen Menschen hin -, Grenzen zur Wirklichkeit Gottes hin. Aber dieses Überschreiten der Grenzen ist in der Meditation gerade kein aktives Geschehen, sondern ein stilles Warten, bis "es" geschieht.Ein Letztes:Ein Beispiel soll das verdeutlichen: Ein Mensch, der mir nahesteht, hatte Schwierigkeiten mit einem anderen Menschen. Ich wollte ihm helfen, nicht durch gutgemeinte Ratschläge, sondern durch Gebet. Solches Gebet aber darf nicht nur mit den Lippen geschehen, sondern es fordert den ganzen Menschen (Vgl. dazu die 13.-15. Übungsgruppe dieses Kurses)..
Das bedeutet: Ich muß an meiner Stelle etwas tun, was dem entspricht, was der andere tun sollte. So ergab sich für mich die Aufgabe - als fürbittendes Tun -, einen Menschen, mit dem ich schwer zurechtkomme, jeden Tag 10 Minuten zu meditieren. Ich hatte nicht gewußt, was ich versprochen und mir vorgenommen hatte! Die ersten 5 Minuten erschienen mir endlos - aber dann war mit einem Male die Grenze überschritten, eine echte Verbindung zu diesem Menschen wurde spürbar, und die weiteren 5 Minuten erschienen mir als eine recht kurze Zeit. Und was ich als Fürbitte tun wollte, kam mir selbst zugute: Ich bekam ein ganz neues Verhältnis zu dem Menschen, den ich fürbittend meditierte. Aus diesem kurzen Beispiel werden einige Grundelemente deutlich, um die es beim Meditieren geht:
Immer geht es hier um das Erfassen tiefer, verborgener Zusammenhänge: In meinem Leben gibt es etwas, das dem entspricht, was ich meditiere - sei es ein Ding oder ein Mensch mit seinem Anliegen. Ist die Grenze geöffnet, dann beginnt dieses Etwas in mir mitzuschwingen, und ein ganz eigenes Verstehen bahnt sich an. Dieses Erfassen geschieht aber nicht mit dem Verstand, sondern durch tiefere Schichten unseres Wesens. Diese Schichten müssen bei uns "kopfbelasteten" Menschen oft erst wieder freigelegt werden.
Etwas fassen kann nur ein Gefäß, das geöffnet ist, Stille aushalten und hinhalten - warten können, bis etwas an mir geschieht -, sich öffnen, um neu erfüllt zu werden, das kann man lernen und üben.
Jeder Mensch ist eine Einheit aus Verstand und Gefühl, aus äußerem Schicksal und innerer Verarbeitung dieses Schicksals. Wo diese Einheit zerbrochen ist, ist der Mensch zerrissen. Wo er sie wiederfindet, erlebt er beglückend, daß der die Möglichkeit hat, an allem, was ihm geschieht, zu wachsen und zu reifen. Wer regelmäßig meditiert, ist schon auf dem Weg zu diesem Ziel.
Man könnte noch manches anführen; das wird in denBriefen geschehen. Hier sollte nur das Ziel kurz aufleuchten, welches locken kann, sich auf den Weg zu begeben.
In einem Meditationskurs mit Jugendlichen zwischen 13 und 16 Jahren wurden die jungen Leute nach ihren Erfahrungen beim Meditierengefragt. Es kamen u.a. folgende Antworten:Das Geschenk des Kranken an die GesundenAus diesen Antworten junger Menschen kann zweierlei deutlich werden: Diese Erfahrungen sind nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt. Was Jugendliche in ihrer besonderen Sensibilität empfinden, kann jeder andere ebenso erleben, der sich auf den Weg des Meditierens einläßt. Wir haben es auf Meditationskursen immer neu erlebt: Meditieren öffnet Grenzen zwischen Menschen verschiedenster Herkunft und mit den verschiedensten Schicksalen: Kranke und Gesunde, Junge und Alte, Theologen und Laien, evangelische und katholische Christen, Nichtchristen und Christen finden beim gemeinsamen Meditieren einen neuen Zugang zueinander, indem sie gleiche Wege gehen und in Ehrfurcht das Anderssein des anderen achten. Echte Begegnung schenkt echte Befruchtung. So soll dieser Grundkurs vielerlei Möglichkeiten aufzeigen, die uns eigenes, persönlichen Meditieren anbietet.
- man wird gelöster, geduldiger, menschlicher ...
- man wird mit seinen Problemen besser fertig ...
- Meditieren entspannt die Nerven, beruhigt ...
- man erkennt, wo man gebraucht wird ...
- man erkennt Dinge, die man mit dem Verstand nicht erkennen kann ...
- Meditieren verhindert oberflächliches Denken gegenüber unseren eigenen Verhaltensweisen ...
- Meditieren stärkt den Glauben ...
- beim Meditieren wird man eins mit dem Leben Jesu ...
Als letztes möchte ich hier noch einmal besonders dankbar meiner allerersten Meditationsgruppe gedenken, mit der ich gemeinsam diesen Weg begann: Es war eine Gruppe von zum Teil schwerstbehinderten Gemeindegliedern, mit denen ich mich einmal in der Woche zur gemeinsamen Meditation traf. Wie kam ich dazu, zu meinem Kurs gerade die Behinderten als erste einzuladen? Bisher ist uns die Meditationsbewegung von daher bekannt, daß sie junge Menschen helfen will, eine neue, oft brachliegende Dimension ihres Lebens zu entdecken und daß sie überlastete Erwachsene vor der Gefahr bewahren will, über den vielen Anforderungen, die das heutige Leben an sie stellt, ihre eigene Mitte, ihr eigentliches Leben zu verlieren.Das Ziel dieses ÜbungswegesAber die Kranken? Sie sind doch gerade diesen Gefahren nicht ausgesetzt, sie haben zuviel, nicht zuwenig Stille in ihrem Leben. Nicht die Überfülle der Eindrücke hindert sie, ihr Leben zu bewältigen, sondern die Beschränkung auf kleinem Raum und wenigen Menschen und Erlebnisse läßt sie ihr Leben oft als arm und unerfüllt empfinden. Nicht die Überlastung durch die Fülle von Aufgaben hindert sie, zu sich selbst zu finden, sondern gerade der Mangel an echten Aufgaben läßt die Gefahr aufstehen, daß sie ihr Leben als nutz- und sinnlos empfinden. Was soll da Meditation?
Wer so vom Leben der Gesunden abgeschnitten ist wie die Schwerbehinderten, der meditiert von selbst, ohne dazu aufgefordert zu werden. Das geschieht auch dort, wo Ihnen - ich darf Sie als Kranke hier einmal persönlich anreden - das Wort "Meditation" bisher völlig unbekannt war. Wenn Sie dieses Buch lesen, werden Sie immer wieder feststellen: Das tue ich ja sowieso schon seit vielen Jahren! Gerade aber dies ist ein Grund, die Übungen kennenzulernen. Je mehr ein Mensch schon meditiert hat, desto dankbarer nimmt er auf, wenn er in diese Welt der Meditation gründlicher eingeführt wird. Vieles klärt sich, wird deutlicher, neue Möglichkeiten bieten sich an. Anderes wird nicht nachvollziehbar sein, zu Widerspruch reizen - aber auch daran kann sich der eigene Weg klären und vertiefen. Jeder muß seinen Weg finden.
Die Stille und Einsamkeit wird vom Kranken, der dazu verurteilt ist, als harte Belastung empfunden, solange er nicht Wege gefunden hat, diese Stille fruchtbar zu füllen. Meditieren könnte dazu helfen, diesen Weg zu finden. Ebenso ist der Kranke oft an einen ganz eingeschränkten Lebensraum gebunden. Meditation erweitert den Raum, macht ihn durchsichtig. Wenn diese Übungsangebote etwas dazu helfen könnten, hätten sie einen wesentlichen Dienst getan.
Es gibt Kranke, die nicht wie Leidende wirken, sondern eine Leuchtkraft haben, die jeden beschenkt, der zu ihnen kommt. An solchen Krankenbetten werden Gespräche geführt, die nicht an der Oberfläche bleiben. "Es kommt nicht auf die Fülle an, sondern auf die Tiefe" - diese Grundregel der Meditation wird bei diesen Menschen anschaulich: Sie sind - gerade durch ihre Krankheit - ganz da und können deshalb dem anderen Menschen ganz begegnen. Für sie können wenige menschliche Begegnungen mehr sein als für manche Gesunden eine Fülle menschlicher Begegnungen, die doch nicht das Eigentliche erreichen.
Für denjenigen von Ihnen, der den Wunsch hat - wenn er schon nichts anderes "leisten" kann -, sein Kranksein Gott zur Verfügung zu stellen, eröffnet die Meditation ein weites Feld von Aufgaben. Gott braucht Menschen, die Zeit haben zur Fürbitte. Gott braucht Menschen, die ihr Leben dieser Aufgabe zur Verfügung stellen. Keiner von Ihnen ist an dieser Stelle durch einen anderen Menschen zu ersetzen,denn jedes Schicksal, jede Krankheit trägt ganz eigene Möglichkeiten der Fürbitte in sich.
Das höchste Ziel dieser Briefe, die den einzelnen Übungsgruppen zugrunde liegen, war es und ist es, Sie als Kranke zu bitten, diese Aufgabe zu übernehmen. An dieser Stelle sind nicht Sie - wie bei so vielen anderen Verrichtungen - auf die Hilfe anderer angewiesen, sondern hier wird jeder einzelne unersetzbar und dringend gebraucht!Die schriftliche Fassung der gemeinsamen Übungen wurde dadurch erforderlich, daß nicht jeder der Gruppe regelmäßig an unseren Zusammenkünften teilnehmen konnte. Damit die Abwesenden den Zusammenhang nicht verloren, bekamen sie die Übungen und die Auswertungen als Briefe zugesandt. Oft bekam ich kostbarste Antworten gerade von denen, die sich ganz allein auf die Übungen einlassen mußten. Deshalb wird in diesem Buch auch immer wieder gerade dieser Personenkreis angesprochen. Das bedeutet keine Eingrenzung auf diese bestimmte Gruppe. Es ist im Gegenteil eine Bestätigung eines wichtigen Anliegens, das uns alle angeht: Wenn es uns so oft scheint, als hätten allein die Gesunden die Fülle des Lebens für sich gepachtet, so kann uns ein einziger meditierender Kranker dafür Zeugnis geben, daß ihm auf anderem, wesentlichem Gebiet des Lebens viel tiefere Erfahrungen geschenkt werden können als vielen "Gesunden"! "Dienet einander, ein jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat", steht im ersten Petrusbrief (4,10). Beim Meditieren kann das zwischen Gesunden und Kranken überwältigend erlebt werden.
Wenn ich einen hohen Berg ersteigen will, ist es immer hilfreich, wenn ich das Ziel - und wenn es in noch so weiter Ferne liegt - deutlich vor mir sehe. Das Schauen auf das Ziel aktiviert in mir Kräfte, die mir für einen kurzen Spaziergang nicht zur Verfügung stehen. Dieses Bild möchte ich auf diesen Übungsweg anwenden. Beim christlichen Meditieren geht es um einen Weg, der sich auf ein klares Ziel zu bewegt: Das Ziel, das dieser Kurs erreichen möchte, heißt: Im Schauen auf Jesus Christus sein Leben in mir mehr und mehr Gestalt gewinnen zu lassen. Dorthin bewegen wir uns über mancherlei Vorstufen und Stufen.Es gibt vielerlei Arten von Meditation. Unsere Form will dem heutigen Christen Wege weisen, wie man den Boden lockern kann, in dem der Same des Wortes Gottes aufgenommen wird, wachsen und Frucht bringen kann. Und dabei kann es geschenkt werden, daß man das Wort Jesu an sich erfährt: Ich bin gekommen, daß sie das Leben in Fülle haben! (Joh 10,10)