Woche 10 - Montag

2. Die Fülle des Lebens erspüren, die meine Leere mit Gott erfüllt

Hinführung
In jedem Menschen lebt eine Sehnsucht, die tiefer reicht, als ihn selbst bewußt ist. Deshalb erliegt er immer neu der Illusion, diese Sehnsucht mit vorläufigen Werten stillen zu können. Und wenn er spürt, daß diese ihn im letzten dennoch unerfüllt lassen, verfällt er häufig dem Irrtum, daß er nur noch nicht genug von dem habe, womit er meint, seine ungestillte Sehnsucht befriedigen zu können. Das ist - von der menschlichen Veranlagung her gesehen - eine der entscheidenden Ursachen für das Streben nach immer mehr Besitz. Und dennoch bleibt der Mensch innerlich leer und seine tiefste Sehnsucht ungestillt, solange er seine ganze Erfüllung auf dieser Ebene sucht. "Jeder erfüllte Wunsch macht uns ärmer", schrieb mir einmal jemand, den ich enttäuschen mußte. Das Wort ging mir lange nach. Hier hatte sich ein Mensch innerlich befreit von der "dämonischen Macht der Besitzgier. Vielleicht kennen wir das Sprichwort, das die gleiche Lebensweisheit ausspricht, "Reich ist nicht, wer viel besitzt, sondern wer wenig braucht."

Diese Überlegungen können den Hintergrund bilden für die Meditation des Leerseins, der Armut, die Jesus immer wieder anspricht und die eine "archetypische" Voraussetzung für die Nachfolge Jesu bildet. Wer nicht bereit ist, innerlich - und wenn es Gott will, auch äußerlich - "leer" zu werden, macht es Gott gewissermaßen unmöglich (wieder kann hier nur bildhaft-symbolisch gesprochen werden), in ihn hinein seine Fülle zu verströmen.

Bemerkung: Ob es nun um äußere oder um innere Armut geht, ist kein Wertunterschied. Für jeden Menschen ist derjenige Weg der bessere, zu dem er gerufen ist.


Übung
Markus 10,17-27 ("Verkaufe alles, was du hast")
Ich versuche, diese Geschichte auf mein konkretes Leben zu übertragen (dabei muß ich wahrscheinlich das Berichtete in die kleine Münze meines Alltags übersetzen und aus der Geschichte das heraus hören, was Gott mir heute sagen will) ...

Varianten
- Matthäus 5,3 ("Selig sind, die da geistlich arm sind")

- Lukas 9,58 ("Der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege")

-  Wortmeditation:

"Kein Gefäß kann zweierlei Trank in sich fassen. Soll es Wein enthalten, so muß man notgedrungen das Wasser ausgießen; das Gefäß muß leer und ledig werden. Darum: Sollst du göttliche Freude und Gott aufnehmen, so mußt du notwendig die Kreaturen ausgießen." (Meister Eckehart S.68ff)

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