Woche  6 - Dienstag

3. Gottes Liebe spüren,
die auf die Antwort meines Vertrauens hofft

Übung
Hitda-Evangeliar - "Sturm auf dem Meer" (Bildmeditation)

Anregungen zum Meditieren des Bildes:

Der viereckige Rahmen macht es deutlich; um eine klare abgegrenzte Dimension irdischen Daseins geht es in diesem Meditationsbild. Und doch wird der Rahmen an einer Stelle durchbrochen.

Die Mitte des Bildes ist ohne Zweifel das ruhende Haupt Jesu, umgeben von dem Rund seines Heiligenscheins. Damit ist dieses Bild seiner Form nach ein "Mandala", eine im Mittelalter häufige Bildform, in der Rechteck (=Welt) und Kreis (=das Vollkommene, Göttliche) in einem Bild verbunden sind: Gottes Wirklichkeit ist eingegangen mitten in diese Welt. Diese Bilder strahlen schon von ihrer Form her Ruhe aus.

Doch auch der Inhalt des Bildes ist angefüllt mit tiefer Symbolik; wer sich dem Bild meditierend anvertraut, läßt sich damit auf einen inneren Weg ein. "Menschen im Sturm" zeigt das Bild - sichtbar in der Darstellung des Bootes, das fast einem Ungeheuer gleicht, das, statt über die Tiefen zu tragen, unmittelbar in den Abgrund zu steuern scheint ..., sichtbar an den Rudern, die in die Luft starren, statt ihren Dienst im Wasser zu tun ... (sichtbar machend, wie in vielen Stürmen des Lebens alles menschliche Bemühen nicht mehr "greift") ..., sichtbar am Segel, das jeden Augenblick von der Gewalt des Sturmes zerrissen zu werden droht ..., sichtbar an den Gesichtern der in den Sturm schauenden Jünger, so gebannt, als gäbe es nichts anderes mehr als diesen Sturm (und die sich den Gewalten dadurch noch mehr ausliefern, als sie ihnen ohnehin schon preisgegeben sind) ... Die anderen Jünger, hinten im Schiff, kauern sich zusammen in Angst, Verzweiflung, Resignation - es hat doch alles keinen Sinn mehr ...

Einer, ein einziger nur, schaut auf den schlafenden Herrn. Seine Hand rührt ihn an: "Herr, hilf uns, wir verderben" ...

Lassen wir uns auf den Weg mitnehmen, den uns dieses Bild anbietet: von denen, die auf den Sturm starren - über die, die resigniert haben - zu dem, der den Herrn wecken will (auch er ist noch nicht die Mitte des Bildes), bis uns der Weg zu dem schlafenden Herrn selbst führt: der Mitte und dem Ziel dieses Bildes und unseres inneren Weges ...

Der Herr schläft - mitten im Sturm der entfesselten Gewalten. Hier schaue ich, was Vertrauen heißt. Hier liegt das tiefste "Wunder" dieser Geschichte (an die sich die Jünger erinnerten, als sie später von mancherlei Stürmen des Lebens bedroht waren) - daß der Herr mitten in diesem Sturm schlafen kann. Aus dieser inneren Ruhe, aus diesem Vertrauen wächst seine Vollmacht, dann auch die äußeren Gewalten zum Schweigen zu bringen ... Noch während er schläft, zeigt wie ein weisender Finger ein Zipfel seines Ruhekissen in die drohende Tiefe; im vertrauenden Schlaf bahnt sich der Sieg an über die Mächte des Abgrunds ...

Verweilen wir still vor dem Bild des schlafenden Herrn, damit sich etwas von diesem Vertrauen in uns "einprägt" (s. typos), in unserem tiefsten Grunde mehr und mehr Gestalt gewinnt, um von daher unsere Angst, unsere Verzweiflung und Not, unsere Resignation zu "durchwachsen" (s. A. Louf, S. 146f.) und so von innen her zu verwandeln ...

Und behalten wir dieses Bild im Gedächtnis, damit wir uns ihm neu anvertrauen können, wenn unerwartete "Stürme" plötzlich aufbrechen und uns in den Abgrund zu ziehen drohen ...


Variante
Psalm 78,2-22 ("Damit sie ihr Vertrauen auf Gott setzen")

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